Digitalisierung – ein Wort, das in der heutigen Zeit kaum noch wegzudenken ist. Laut Angabe des Bundesministeriums für Energie und Wirtschaft (BMWi) sind schon jetzt bereits mehr als 20 Milliarden Geräte und Maschinen über das Internet vernetzt – Tendenz steigend. Auch an der Kommunalbranche geht diese Entwicklung nicht spurlos vorbei. Das zeigt sich beispielsweise an den zahlreichen Telematiksystemen, die in den vergangenen Jahren auf den Markt gekommen sind. Wie wichtig das Thema Digitalisierung für die Kommunen ist, hat auch der Fahrzeughersteller Lindner erkannt und deshalb sein 6. Kommunalforum Alpenraum unter das Motto „Von der analogen zur digitalen Gemeinde“ gestellt. Der große Teilnehmerandrang im Innovationszentrum in Kundl gab dem Tiroler Unternehmen recht. 100 Gemeindevertreter aus Tirol, Südtirol und Bayern hörten an diesem Vormittag interessiert den Fachvorträgen zu und informierten sich außerdem über verschiedenste digitale Produkte für die Kommunalbranche. Und auch der Gastgeber selbst hat bei seinen neuesten Entwicklungen die Digitalisierung fest im Blick: So sind sowohl der stufenlose Unitrac 112 LDrive sowie der neue Lintrac 110 von Lindner mit ihrem TracLink System ausgestattet.
Das große Interesse für TracLink zeigte sich am Thementisch von Josef Astner, der bei Lindner für den Bereich Digital Services zuständig ist. So war es auch ein Kunde des Unternehmens, der den Anstoß für die Entwicklung eines solchen Systems gab. „Er betreute den Winterdienst in einer deutschen Stadt“, erinnert sich Astner. Dabei sei es zu einem Unfall gekommen, bei dem auch eine Person zu Schaden kam. Bei der darauffolgenden Gerichtsverhandlung musste der Kunde die ordnungsgemäße Ausführung seines Winterdienstes nachweisen. „Es war zwar ein Fahrtenschreiber installiert und es gab auch handschriftliche Notizen, aber er konnte es nicht zu 100 Prozent nachweisen“, berichtet Astner. Deshalb trat der Mann an die Firma Lindner mit der Frage heran, ob es nicht ein System gebe, dass automatisch alles sicher mit aufzeichne. „Wir haben uns dann dazu entschlossen, so ein System zu entwickeln“, erzählt Astner und fügt hinzu: „Wir wollten damit aber nicht nur dem Bauhofleiter Aufgaben abnehmen, sondern auch die Fahrer sollten etwas davon haben.“ Aus diesem Grund besitzt das TracLink System zahlreiche Funktionen, die dem Fahrer die Arbeit erleichtern. Ganz vorne mit dabei ist die Erkennung von Anbaugeräten. Sobald es montiert wurde, bekommt der Nutzer über den IBC-Monitor in der Fahrerkabine sämtliche Informationen über das Anbaugerät angezeigt. Das System registriert zudem, ob beispielsweise die Schneefräse nur aufsattelt oder aber die Zapfwelle einschalten wird – denn erst dann wird die Arbeitszeit notiert. Ein weiterer Menüpunkt im TracLink System ermöglicht dem Fahrer eine Achslastberechnung. „Diese Funktion ist besonders beim Winterdienst nützlich, wenn man mit Streuer und Pflug unterwegs ist“, nennt Astner ein Beispiel. Da es sich hierbei aber um kein geeichtes System handelt, empfiehlt der Experte, die Berechnung lediglich als Richtwert zu nutzen. „Der Fahrer soll eigentlich nur noch einsteigen und losfahren. Das ist unser Ziel“, sagt Astner.
TracLink soll für Sicherheit und nicht für Überwachung sorgen
Der größte Nutzen für den Bauhofleiter wiederum ist die GPS-Echtzeitortung im Webportal. Zukünftig soll diese auch am Handy funktionieren. Darüber hinaus erhält er durch das TracLink System alle Informationen über das Fahrzeug, wie beispielsweise den Füllstand des Tanks oder auch die Art des Anbaugerätes, das gerade montiert ist. Mit dem digitalen Fahrtenbuch lässt sich jeder Straßenzug und jede Tätigkeit genau dokumentieren. „Die Daten bieten dann eine gerichtssichere Entlastung, da sie nicht veränderbar sind“, sagt Astner. Bei der Winterdienstdokumentation kann der Bauhofleiter – im Ernstfall – somit nicht nur den Einsatzort sowie die -zeit nachweisen, sondern auch die Streumenge und -breite. Da viele Bürgermeister gerne wissen wollen, zu welcher Zeit der Winterdienst seine Arbeit aufnimmt, besteht die Möglichkeit, dass eine E-Mail verschickt wird, sobald der Streuer loslegt. Neben einer Diebstahlsicherung können mit dem TracLink System auch Warnhinweise generiert werden. Daraufhin gibt das System Bescheid, wenn beispielsweise während eines längeren Zeitraums mit zu hoher Geschwindigkeit oder zu großer Streubreite gefahren wird. Zusätzlich besteht die Möglichkeit für den Bauhofleiter, kurz vor dem Erreichen eines großen Services, sich bzw. seine Werkstatt per E-Mail automatisch benachrichtigen zu lassen. Befindet sich im Fuhrpark eines kommunalen Dienstleisters auch ein Fahrzeug von Lindner, rüstet das Unternehmen Fremdfabrikate ebenfalls mit dem TracLink System aus – allerdings in eingeschränkter Funktion. Ältere Modelle von Lindner können ebenso, im begrenzten Umfang, nachgerüstet werden. „Die Teilnehmer waren vor allem von der Genauigkeit beeindruckt, mit der das System arbeitet“, berichtet Astner. Ein wichtiges Thema war für sie aber auch die Datensicherheit und die Angst vor Überwachung. „Es besteht natürlich für den Bauhofleiter die Möglichkeit nachzusehen, wo sich der Fahrer gerade befindet“, sagt Astner und betont: „Uns geht es beim TracLink System aber nicht um Überwachung, sondern Sicherheit.“ Zudem handle es sich bei den gesammelten Daten um fahrzeug- und nicht personenbezogene.
Bei der ganzen Diskussion zum Thema Digitalisierung stellt sich natürlich auch die Frage, wie weit die Gemeinden hier eigentlich schon sind? Auf diese Frage hatte Mag. Andreas Hermann, Inhaber von Business Beat, Antworten. Er präsentierte in seinem Vortrag die aktuellen Umfrage-Ergebnisse des „Kommunalen Digitalisierungsbarometers“. Zusammen mit dem österreichischen Gemeindebund sowie dem Kommunalforum Alpenraum wurden Kommunen hinsichtlich ihres Digitalisierungsstandes befragt. „Wir haben 134 Rückmeldungen bekommen“, berichtet Hermann. Daraus ließe sich ein aussagekräftiges Ergebnis vorstellen. Die Gemeinden wurden unter anderem gefragt, ob sie in der Digitalisierung eher eine Chance oder ein Risiko sehen und wie fit sie sich in Sachen Digitalisierung einschätzen. „Wir haben lediglich zehn Prozent, die sagen, es ist eher eine Gefahr und 72 Prozent die sagen, dass ist eine Chance oder eine sehr große Chance für unsere Kommune“, so Hermann. Für ihn sei dieses Ergebnis schon mal ein sehr gutes Signal, was die Digitalisierung angehe. Allerdings stimmte die Selbsteinschätzung, was den Stand der Digitalisierung in der Kommune angeht, nicht immer mit der Realität überein. Lässt man die Kommunen einen Blick auf die kommenden drei Jahre werfen, so sehen sie die größten Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich Breitbandausbau, Onlinebestellung behördlicher Dokumente, E-Partizipation sowie der Nutzung eines digitalen Fahrtenbuches. Digitalisierung sei zwar gut, aber nur, wenn nicht am Bürger vorbei digitalisiert werden, gab Hermann zu bedenken. Die Umfrage zeige hier aber: Dort, wo Digitalisierung angeboten wird, wird sie auch in Anspruch genommen. So lautete Hermanns Fazit: „Digitalisierung ist nicht nur eine Chance, sondern kommt tatsächlich an.“
Vorstellung digitaler Produkte von Apps bis Software
Mit Blick auf den Veranstaltungsort machte Mag. Ulrike Huemer, CIO der Stadt Wien, in ihrem Vortrag deutlich, dass die Digitalisierung alle Branchen betreffe, besonders aber auch die Produktion in der Industrie. „Vor allem die Industrien werden durch den Wettbewerb getrieben“, berichtet Huemer und stellte daraufhin die Frage, warum aber gerade für die öffentliche Verwaltung Digitalisierung so wichtig sei. Ihre Antwort: Zum einen wegen der anspruchsvollen Bürgern. Doch es gebe auch noch einen zweiten Aspekt: „Städte, aber auch Gemeinden, werden sicher in der Zukunft nicht in den finanziellen Mitteln herumschwimmen. Und wir werden nicht so viel Geld haben, um wirklich die steigenden Herausforderungen meistern zu können. Daher müssen wir einfach auch Überlegungen anstrengen, wie wir optimieren können“, sagt Huemer. Es gehe bei der Digitalisierung im öffentlichen Bereich also darum, handlungsfähig zu bleiben. Nur so sei man in der Lage, Services von heute, die sich die Bürger wünschen, auch in der Zukunft anbieten zu können. Im Anschluss daran stellte Prof. Dr. Diane Ahrens von der Technischen Hochschule in Deggendorf das Projekt „Digitales Dorf in Bayern“ vor. Ziel des Projekts sei es, Potentiale, die sich durch die Digitalisierung bieten, aufzugreifen. Die dazu entwickelten Ideen sollen nun in drei Modelldörfern in Bayern exemplarisch ausgetestet werden. Die daraus resultierenden Ergebnisse sollen wiederum dann flächendeckend übertragbar sein. Kernthema sei dabei immer die Frage, wie die Versorgung ländlicher und alpiner Räume mit Hilfe von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien unterstützt werden kann, so dass sie zukunftsfähig bleiben. Steinwald-Allianz heißt das Projekt im Norden Bayerns. Hier handelt es sich um einen Verbund aus 16 Gemeinden innerhalb des Landkreises Tirschenreuth in der Oberpfalz. Im Süden gibt es dagegen das Projekt Spiegelau-Frauenau, das aus den beiden Gemeinden besteht. „Jetzt kommt ganz frisch noch ein digitales Alpendorf dazu“, so Ahrens.
Nach den Vorträgen hatten die Besucher die Möglichkeit, sich an den verschiedenen Thementischen über Produkte rund um die Digitalisierung zu informieren. Neben dem TracLink System von Lindner, stellte Mag. Daniel Trixl vom Unternehmen Kufgem das Softwareprodukt „ProOffice“ vor. „Das ist unser digitales Wartungsbuch“, erklärt Trixl. Kommunale Verwaltungen betreiben und pflegen im Auftrag der Bürger zahlreiche Anlagen und Einrichtungen – dazu gehören unter anderem Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen, Straßen, Gebäude, Grünanlagen oder auch Spielplätze. Ziel der Verwaltungen sei es, die täglichen Aufgaben der Wartung und Instandhaltung bestmöglich abwickeln zu können. Doch dafür brauche es einheitliche Wartungsstrategien in Form gesteuerter Abläufe und Prozesse. „Mit unserem digitalen Wartungsbuch „ProOffice“ können sie diese Wartungsvorgänge digital abbilden und über lange Zeiträume hinweg übersichtlich dokumentieren“, so Trixl. „ProOffice“ werde über das hausinterne Kufgem-Rechenzentrum betrieben und sei als Webapplikation verfügbar. Michael Bredehorn von Swarm Analytics zeigte auf, wie sein Startup aus Kamerasystemen Daten gewinnt. Diese werden dann in Echtzeit bereitgestellt und daraus Analysen aufgebaut, die anschließend verwertet werden können. Prok. Martin Klingler und Mag. Matthias Zitterbart von der Firma DAKA stellten nach ihrer Müll-App vor zwei Jahren nun die Weiterentwicklung vor: mit der Daheim-App. Sie soll als Service-App für Gemeinden fungieren. Mit ihr könnten Kommunen den Bürger beispielsweise über Neuigkeiten informieren. Am Tisch von A1 Telekom Austria demonstrierte Service Manager Ing. Thomas Waldburger mit dem Alarm- und Notfallmanagement System „EVALARM“ ein Produkt zur Digitalisierung von Alarmplänen. „EVALARM“ sei dabei die digitale Alarmierungs- und Kommunikationsplattform für Notfallsituationen und technische Alarme, die durch Module wie z.B. die mobile Evakuierung oder die Totmannschaltung noch zusätzliche Funktionen liefere. Ganz kurzfristig durfte sich auch noch die Internet-Service-Plattform DiGiDO für den Bereich Transport vorstellen. Die vom Übergeber, Transporteur oder Übernehmer eingegebenen Lieferscheindaten werden mithilfe der Plattform an alle im Transportprozess beteiligten Akteure automatisch übermittelt.
Digitalisierung wird auch in den kommenden Jahren Thema bleiben
Den Vormittag rundete schließlich die Podiumsdiskussion – moderiert vom Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung, Alois Vahrner – mit Mag. Alfred Riedl (neuer Präsident des Österreichischen Gemeindebundes), Rudolf Puecher (Bürgermeister der Marktgemeinde Brixlegg), Hermann Gahr (Obmann Forum Land) und Stefan Graf (Direktor des Bayerischen Gemeindetags) ab. Diskussionsschwerpunkte waren noch einmal die digitalen Herausforderungen, denen sich die Gemeinden stellen müssen, der momentane Stand der Dinge sowie der Blick in die Zukunft. Stefan Graf machte deutlich, dass die Digitalisierung – wie schon die Industrialisierung – ein Thema sei, das alle Kommunen auch noch die nächsten Jahrzehnte beschäftigen werde. Die größte Herausforderung sieht Hermann Gahr darin, dass die Digitalisierung auch bis in die kleinsten Dörfer hinaus funktioniere. „Wir in Tirol haben einen Standard erreicht“, sagt Gahr. Jetzt müsse man gezielt weiter die Mittel einsetzen, um die Gemeinden zu unterstützen. Wichtig sei es hierbei, stets auch die Menschen bei dieser Entwicklung mitzunehmen.
Text/Bilder: JG – Redaktion Bauhof-online.de