Durch den technischen Fortschritt und die damit verbundenen Veränderungen haben sich die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht in den letzten Jahren deutlich verändert. Dabei wird es immer schwieriger, den damit verbundenen Anforderungen gerecht zu werden.
Aufgrund immer desolaterer Zustände unserer Verkehrswege bei gleichzeitiger Reduzierung der Mitarbeiter kommt es bezüglich des Umfanges der Verkehrssicherungspflicht immer wieder zu massivem Streit sowohl in der kommunalen Verwaltung als auch vor Gericht.
Allerdings ergibt sich eine Haftung des Straßenbaulastträgers nur bei Verletzung einer ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht. Nach der Rechtsprechung umfasst die Verkehrssicherung die Verpflichtung, den Verkehrsteilnehmer vor unvermuteten und sich aus der Beschaffenheit eines Verkehrsweges nicht ohne weiteres ersichtlichen Gefahrenstellen zu bewahren oder zumindest davor zu warnen. Bei Verletzung einer solchen Verkehrssicherungspflicht kann dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens zustehen.
Eine Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen besteht dann, wenn erforderliche und zumutbare Maßnahmen unterlassen wurden, der Unfall hierdurch entstanden ist und der Sicherungspflichtige den Schaden durch seine Unterlassung verschuldet hat.
Grundsätzlich trifft den Träger der sog. Straßenbaulast eine relativ weitreichende Kontrollpflicht der Straßen. Je nach dem Rang der Straße sind Verkehrssicherungspflichtiger der Bund, die Länder, die Kreise, die Gemeinden.
Wird die Kontrollpflicht vernachlässigt, kann dies eine so genannte Verkehrssicherungspflichtverletzung darstellen. Der Umfang der Kontrollpflicht richtet sich zunächst nach der jeweiligen Verkehrsbedeutung der Straße.
Auf viel befahrenen Straßen müssen die Kontrollen mehrmals wöchentlich, unter Umständen sogar täglich erfolgen. (Quelle: ADAC e.V.)
Zunächst erscheint angezeigt, die im Markt befindlichen Produktarten einmal aufzulisten.
- 1. Seit etwa 1950 das „klassische“ lose Kaltmischgut nach DIN 1985 mit Fluxbitumen
- 2. modifiziertes Kaltmischgut als Sack- und später als Eimerware ggf. mit Haftzusätzen
- 3. ab 1982 am Markt erhältliche Eimerware mit „lösemittelhaltigem“ Kaltmischgut
- 4. 2-K Emulsion / Splitt-Gemische als Sack oder Eimerware
- 5. „lösemittelfreie“ Reparaturasphalte
- 6. „reaktive“ Reparaturasphalte auf Bitumen/Harzbasis welche durch Zugabe von Wasser aktiviert wird
- 7. Reparaturasphalte auf Basis von Bitumenemulsionen als Fertigmischung
- 8. „reaktive“ Reparaturasphalte auf Basis von Bitumenemulsionen mit Aktivator
Hieraus erkennt man bereits die Vielfalt an Wirkweisen und ggf. deren sehr unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten. Die so genannte „Eier legende Wollmilchsau“ gibt es hier sicher nicht.
Während es nur für die erste Gruppe - das klassische Kaltmischgut eine EN- oder DIN-Norm gibt, bewegen sich alle anderen angebotenen Produkte in einem Normen freien Raum. Die Anzahl an tatsächlichen Herstellerwerke in Deutschland ist absolut überschaubar. Für den Einkäufer unübersichtlich wird der Markt durch die 12 bis 14-fache Anzahl an Händlern, welche unter Eigenlabel verkaufen. Hier wird die Herkunft der Ware nicht preisgegeben.
In diesem Zusammenhang könnte eine von der Europäischen Union geplante verpflichtende Kennzeichnung des Herstellerwerkes Abhilfe schaffen und Klarheit in den Markt bringen. Dies hätte ggf. auch positive Auswirkungen hinsichtlich einer möglichen Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen.
Erwähnenswert erscheint auch, dass Asphalt im allgemeinen Sprachgebrauch, immer noch mit dem Begriff Teer gleichgesetzt wird.
„Bitumen wird häufig mit Teer verwechselt. Das einzig Gemeinsame der beiden Produkte ist jedoch die schwarze Farbe. „Die Straße wird geteert“, sagt man immer noch, wenn die Fahrbahn eine neue Asphaltschicht erhält.
Teere sind aber völlig andere Produkte. Sie werden aus Braunkohle und Steinkohle gewonnen und enthalten hohe Anteile an gesundheitsschädlichen polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Daher dürfen Teerprodukte in Deutschland nicht als Baustoffe verwendet werden. Die Vermischung von Teer mit Bitumen wurde bereits in den 80iger Jahren eingestellt.
Die Begriffsverwirrung ist auch dadurch verstärkt worden, dass bis 1983 sowohl Bitumen als auch Teer, Pech und Asphalt unter dem Oberbegriff „Bituminöse Stoffe“ zusammengefasst wurden.
Heute wird eindeutig zwischen Bitumen und Steinkohlenteerpech unterschieden, da es sich um grundverschiedene Stoffgruppen handelt. Der Oberbegriff für Bitumenprodukte lautet gemäß DIN EN 12597 „Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel“. Auch mit „Asphalt“ dürfen nur bitumenhaltige, also teerfreie Gemische bezeichnet werden.“(Textpassagenquelle: ARBIT e.V.)
Kein Hersteller oder Vertreiber wird Ihnen in Deutschland heute noch teerhaltige Produkte anbieten. Werbeslogans wie „TEERFREI…..“ sind 30 Jahre nach dem Verbot sicherlich reine Effekthascherei.
1. „klassisches“ Kaltmischgut mit Fluxölen
Durch Zusatz von schwerflüchtigen weichmachenden Fluxölen auf Mineralölbasis wird die Viskosität herabgesetzt. Dadurch lässt sich die Verarbeitbarkeit bei niedrigen Temperaturen erleichtern. Diese Produkte gibt es bei den meisten Heißmischanlagen als sog. Wintermischgut als lose Ware, aber auch von diversen Anbietern auch in PE-Säcken, Eimern oder als Big-Bag‘s. Bei Regen und im Wasser können diese Produkte nur sehr eingeschränkt angewandt werden, da durch Auswaschen der Öle ggf. Umweltschäden oder andere Unfälle durch Ölflächen entstehen können.
Das hier verwendete Bindemittel aus Fluxbitumen darf auch bis zu 30 % Wasser beinhalten.
In der DIN 1995-4 heißt es: Kaltbitumen ist insbesondere zur Herstellung von Mischgut für sofortigen Einbau oder für kurzfristige Lagerung bestimmt.
Dennoch kann man sagen, dass diese Produkte gut lagerfähig sind. Als loses Haufwerk gelagert, bildet sich oberflächlich eine harte Kruste die das weitere Verfestigen der unteren Schichten verhindert. Eimerware kann sogar bis zu 2 Jahren gelagert werden. Nur bei PE-Säcken auf Paletten gibt es aufgrund Auflast eine wesentlich verkürzte Lagerdauer von teilweise unter 6 Monaten.
2. modifiziertes Kaltmischgut als Sack- und später als Eimerware ggf. mit Haftzusätzen
Diese entsprechen im groben den unter Punkt 1 genannten Mischgütern wobei hier zusätzlich Additive zur Verbesserung der Haftfähigkeit zugegeben werden.
3. „lösemittelhaltiges“ Kaltmischgut
Ab den 80er Jahre des letzten Jahrhunderts kamen dann die ersten „höherwertigen“ Kaltmischgüter auf den Markt. Durch die Verwendung von Straßenbaunormbitumen und dem Einsatz von Additiven sowie leichtflüchtigen Lösemitteln wurde eine Produktqualität erreicht welche zum einen eine lange Lagerfähigkeit und dauerhaftere Reparaturen ermöglichte.
Zum anderen konnten diese Produkte auch ganzjährig im vorgewärmten Zustand bis etwa -5°C angewandt werden. Bei höheren Belastungen wird die Verwendung von „Haftklebern“ durch die Anbieter unbedingt empfohlen. Diese Produkte können jedoch nur bis zu Schichtstärken von etwa 50mm verbaut werden, da die verwendeten Lösemittel nicht mehr ausdiffundieren können und tiefere Schichten weich bleiben.
4. 2-K Emulsion / Splitt-Gemische als Sack oder Eimerware
Im weiteren Wettlauf um das Thema Schlaglochreparatur und Sonderanwendungen, kamen nun Emulsionsprodukte (Bitumen/Wassergemische) auf den Markt. In Kunststoffflaschen oder kleinen Kanistern abgefüllte Bitumen-Emulsionen dazu in Kraftpapier-Säcken oder Kunststoffeimern gelieferte Splitt- oder Sandmischungen zum Anrühren an der Baustelle. Bitumenemulsionen beinhalten je nach Güte und Einstellung mehr oder weniger Wasser und sind daher aufgrund der Sedimentation nur begrenzt lagerfähig (Emulsion üblicherweise 3-6 Monate). Vorteil dieser auch in kleinen Körnungen wie 0/1 oder 0/2 lieferbaren Produkte ist die fast auf 0 ausziehbare Anwendung an den angrenzenden Belag. Auch kann durch Zugabe von zusätzlichem Wasser oder Zement das Abbinde Verhalten beschleunigt oder gebremst werden. Da dies Produkte Wasser enthalten und mit Wasser verarbeitet werden sind Reparaturen nur an frostfreien Tagen >5° C möglich.
5. „lösemittelfreie“ Reparaturasphalte
Dann kamen seit Anfang der 1990er Jahre verschiedene „lösungsmittelfreie“ Produkte auf den Markt. Hierbei konnte durch die Verwendung von Polymerbitumen und Additiven auf die zum Teil sehr hohen Lösemittelgehalte verzichtet werden. Dennoch gilt es zu unterscheiden, ob diese Hersteller weiterhin leichtflüchtige Lösemittel oder sog. Hochsieder, welche erst über 200° C ausgasen, einsetzten. Bereits damals begannen einige Hersteller mit nachwachsenden Rohstoffen zu arbeiten. Einige dieser Materialien konnten nun bis zu tiefsten Temperaturen weit unter – 20° C sowie bei Regen oder bei stehendem Wasser eingesetzt werden.
6. „reaktive“ Reparaturasphalte auf Bitumen/Harzbasis welche durch Zugabe von Wasser aktiviert wird
Um die Jahrtausendwende kam dann ein europäischer Hersteller mit so genanntem „reaktivem“ Reparaturasphalt auf den Markt.
Die Idee beruht auf einer Kombination von Straßenbaubitumen, tierischen Fetten und Kalk, welche durch Zugabe von Wasser eine chemische Reaktion auslöst. Dies führt zum schnellen Erhärten des gesamten Materials in der Schadstelle.
7. Reparaturasphalte auf Basis von Bitumenemulsionen als Fertigmischung
Um fast gänzlich auf „Lösemittel“ verzichten zu können, kamen nun verstärkt Emulsionsprodukte (Bitumen- /Wassergemische) in Form von Eimerware auf den Markt. Auch hier liegt - wie bei den Produkten unter Punkt 4 - die Lagerstabilität üblicherweise bei 4-6 Monaten. Frostfreie Lagerung und Verarbeitung ist auch hier erforderlich.
8. „reaktive“ Bio-Reparaturasphalte auf Basis von Bitumenemulsionen mit Aktivator
Die neuste Gruppe sind jetzt so genannte Bio-Asphalte. Hier handelt es sich wiederum um Emulsionsprodukte (Bitumen- /Wassergemische), welche je nach Herstellerangaben zu 50 bis 70 %
aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen sollen. Den Angaben mancher Hersteller zufolge sollen diese Produkte gar kein Bitumen mehr enthalten. Zur Anwendung kämen nun Reststoffe aus der industriellen Produktion von Fetten und Ölen oder Fritteusen Abfälle und/oder aus der Abwasserbehandlung. Laut Herstellerangaben gilt eine Lagerfähigkeit von 6 Monaten. Im Original heißt es – „auch geeignet für hohe Verkehrsbelastungen.“
Wie eingangs erwähnt, gibt es nur für die erste Gruppe eine Normierung.
Alle bisherigen Anstrengungen in nationalen Projekten der FGVS seit Februar 2012 und auch europaweit durch das „ERA Pothole Projekt“ in dem die 14 der bekanntesten Produkte aus Europa getestet wurden, endeten mit der Feststellung, dass es aufgrund der Vielfältigkeit keine einheitliche Norm für Kaltmischgüter geben wird. Die deutsche FGVS wird wahrscheinlich in naher Zukunft anstelle einer eigenstaatlichen TL-Reparaturasphalt nur eine so genannte –in dem Arbeitskreis 7.5.5 erarbeitete Anwendungsempfehlung herausgeben.
Auch die Berufsgenossenschaft Bau (BG-Bau) in Frankfurt hat sich 2014 dem Thema Reparaturasphalt gewidmet und sich auf Bitten des FVGS Arbeitskreises mit dem Thema Lösemittel in befasst.
Nach Kenntnis der BG-Bau stellt das Thema Lösemittel für den Arbeitsschutz kein Problem dar. Eine Kennzeichnung „Lösemittel“ macht auch nur Sinn soweit er sich auf die Lösemitteldefinition bezieht, welche europaweit klar geregelt ist. Nach TRGS (Technische Regeln für Gefahrstoffe) 610 sind nur flüchtige organische Lösemittel mit einem Siedepunkt bis 200 °C als Lösemittel zu bezeichnen.
Der Einkäufer erkennt diese sehr leicht aus dem zwingend vorgeschriebenen EU-Sicherheitsdatenblatt, in dem das Produkt z.B. unter 2.1 als Xn Gesundheitsschädlich und R- / S-Sätze sowie Warnhinweise in Form von Piktogrammen gegeben werden müssen. Auch auf der Produktverpackung finden sich schon jetzt und zukünftig deutlich erkennbare Warnhinweise.
Hinsichtlich des Arbeitsschutzes sieht die BG-Bau in Bitumenprodukten eher Gefahrenpotenziale bei den PAK’s und dem VOC-Gehalt. Insbesondere bei dem VOC-Gehalt hat sich eine Arbeitsgruppe bei der BG-Bau mit diversen Herstellern von „Kaltasphalten“ zunächst auf eine geplante Einstufungsregelung geeinigt.
VOC Klasse 0 | VOC Klasse 1 | VOC Klasse 2 | VOC Klasse 3 |
< 0,1 %* | < 0,5 %* | < 1 %* | >1 %* |
* Massenprozent
Die VOC-Klasse soll zukünftig auf den technischen Merkblättern, in der Produktwerbung, Sicherheitsdatenblättern und Angeboten angegeben werden. Hierdurch wird dem Entscheider ein weiteres Auswahlkriterium hinsichtlich des Arbeits- und Umweltschutzes zur Verfügung gestellt.
Weitere Informationen erhalten Sie mit Teil 2 in der nächsten Ausgabe
Text: Redaktion Bauhof-online.de
Bild: fotolia - © Peter Atkins