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Kärcher-Chef Jenner: Holder bleibt als starke Marke bestehen

Lediglich minimale Anpassungen bei Produktportfolio – Branchenexperte Häusermann spricht von „Traumhochzeit“ – Reutlingen wird kommunales Kompetenzzentrum

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Von: Michael Loskarn

Für einen Paukenschlag in der Kommunalbranche hat die Kärcher-Gruppe im September vergangenen Jahres mit der Holder-Übernahme gesorgt. Bereits vor gut drei Jahren hatte Hartmut Jenner, Vorstandsvorsitzender der Alfred Kärcher SE & Co. KG, den Branchenexperten und Ex-Bucher-CEO, Michael Häusermann, in die Reihen des Winnender Reinigungsgeräteherstellers geholt und ihn im September zum Holder-CEO bestellt. Ein strategisch brillanter Schachzug, wie sich zwischenzeitlich herauskristallisiert. Denn in den vergangenen drei Jahren „sind wir im Kommunalbereich hervorragend gewachsen“, betont Häusermann im Exklusiv-Gespräch mit Bauhof-online.de. Mit „wir“ umreißt der Schweizer die Kärcher-Gruppe, zu der zwischenzeitlich eben auch Holder zu 100 Prozent gehört. Sowohl für Konzern-Chef Jenner als auch für Kärcher-Vorstandsmitglied Häusermann steht jedenfalls fest: Holder ist bei kommunalen Multifunktionsmaschinen „die Marke“, die auch in Zukunft in ihrer Stärke weiterbestehen wird. Gar zum „orangen“ Kompetenzzentrum der neuen Mutter in Gelb soll der Reutlinger Holder-Standort in den kommenden zwei Jahren ausgebaut werden. Und was das Produkt-Portfolio des Herstellers von multifunktionalen Kommunalmaschinen betrifft, so werde es aufgrund „kleiner Überlappungen“ auch lediglich zu „kleineren Anpassungen“ kommen. Ob zukünftig auch die Heatweed Technologies GmbH – ein Zusammenschluss von Holder und Heatweed Skandinavien – unter dem Kärcher-Dach ein neues zu Hause findet, bleibt vorerst im Unklaren.

2008 zeigt Kärcher bereits erstes Interesse an Holder

Bereits 2008 hatte Kärcher erstes Interesse an Holder angemeldet. Jenner: „Ich war damals auch persönlich dort.“ Und zwar in jenen Tagen noch in Metzingen, denn erst 2018 siedelte der Geräteträgerhersteller nach Reutlingen um. Strukturell wäre damals „viel zu tun“ gewesen, erinnert sich der 54-Jährige. „Heute treffen Sie bei Holder auf ein höchstmodernes Produktionsumfeld. Damals hätten wir zusätzlich investieren müssen, um eine State-of-the-art-Produktion sicherzustellen.“ Aufgrund extremer Wachstumsraten im Stammgeschäft hätten Jenner schlichtweg die Kapazitäten gefehlt. „Ich hätte Leute gebraucht, die es hätten machen können.“ Außerdem habe damals die Rezession von 2009 bereits erste dunkle Schatten geworfen. Mit schmaler Kapazität, Investitionsvorleistung und Integration in eine „drohende Krise“ zu gehen, wäre unternehmerisch schlichtweg falsch gewesen, sagt Jenner. „Wir haben letztlich gar kein Angebot abgegeben.“ Heute verfüge die Kärcher-Gruppe dagegen über einen funktionierenden Kommunalbereich mit Häusermann als Chef.


Maximale Gleichteilverwendung sowie Synergieeffekte

Beste Voraussetzungen also, für die Übernahme vom Herbst vergangenen Jahres. Strategisch habe sich abgezeichnet, so der dreifache Familienvater Jenner weiter, dass aufgrund der weltweit ansteigenden Nachfrage nach Multifunktionsmaschinen nicht mehr zielführend sei, nur „reinrassige“ Kehr-/Saugmaschinen anzubieten. „Wir wollten die Tender im kommunalen Umfeld ganzheitlich anbieten können.“ Wichtig: Bei maximaler Gleichteilverwendung inklusive konzeptioneller Auslegung auf Multifunktion oder Kehr-/Saugen. „Wobei die Basisgeräte zum Teil die gleichen sind“, ergänzt der 59-jährige Häusermann. Dies führe in Einkauf und Produktion zu entsprechenden Synergieeffekten. Auch die Marktdurchdringung betreffend, ergänzten sich Kärcher und Holder ideal, ist Jenner überzeugt. Beispielsweise punkte Holder im Vergleich zu Kärcher mit hohen Marktanteilen in Nordamerika. Dagegen sei der Geräteträgerhersteller – im Gegensatz zum Reinigungsgerätespezialisten – in Asien überhaupt nicht vertreten. So sei es auch völlig unstrittig, die Marke Holder zu erhalten. „Wenn man zu Holder geht, da sieht und riecht man die Kompetenz für Fahrzeuge“, bringt es Häusermann letztlich auf den Punkt. Und, immerhin bestehe das Unternehmen seit mehr als 130 Jahren.

Nummer eins ist die Zielsetzung

Dieses über mehr als ein Jahrhundert gewachsene Know-how solle vielmehr in den kommenden Jahren gebündelt werden. Und zwar ganz im Sinne der Zielgruppen- und Technologiebündelungen à la Breitsortimenter Kärcher. Am Holder-Standort könne somit idealerweise ein „Kompetenzzentrum Kommunal“ entstehen, schildert Jenner. Stringenter und stetiger Ausbau der Kompetenzen wird derweil bei Holder auch in Zukunft enorm wichtig sein, denn bei den Zielen kleckert der stolze Besitzer eines MB-Trac 1800 Intercoolers überhaupt nicht: „Wenn wir in einem Markt antreten, dann wollen wir vorne spielen. Nummer fünf zu sein, ist nicht unser Thema. Nummer eins zu sein, ist unsere Zielsetzung, und zwar nicht in Süddeutschland, sondern auf dem Weltmarkt“, gibt Jenner vor. Mit schweizerischem Sinn für Understatement ergänzt Häusermann, dass die Kärcher-Gruppe in den vergangenen Jahren im Kommunalgeschäft „hervorragend“ gewachsen sei und erwähnt stellvertretend die MC 250 Saugkehrmaschine. Mit der Ergänzung durch Holder spiele die Gruppe im Kommunalbereich nun jedoch in einer ganz anderen Liga – Volumen und Technologie betreffend. Verwunderlich sei gewesen, dass bei den Produktportfolios kaum Überschneidungen vorhanden waren. „Wir ergänzen uns wirklich hervorragend.“ Und, auch bei den Vertriebsorganisationen könnten „gute Synergien gefahren werden“.

„Zwei Firmen, zwei Produktgruppen, zwei Kulturen zusammenzubringen – mir macht das einfach Spaß“, sagt Kärcher-Vorstandsmitglied und Holder-Chef, Michael Häusermann.

Was die numerischen und monetären Ziele betrifft, die Häusermann als Holder-Chef im Rahmen der mittelfristigen Strategiepläne „2025“ mit auf den Weg bekommen hat, hält sich der Schweizer ebenfalls sehr vornehm zurück: „Ich kann Ihnen sagen, ich kenn‘ das Package“, scherzt er. Um im Anschluss über die „gewaltige Freude“, die ihm die Aufgabe bereite, zu schwelgen – und zwar authentisch. Denn eigentlich wollte er sich vor knapp vier Jahren – nach 25 Jahren als CEO bei Bucher – aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Doch dann kam Jenners Ruf. Nun, mit 59 Jahren diese „Traumhochzeit“ von Kärcher und Holder mitgestalten zu dürfen, sei außergewöhnlich. Unheimliche Möglichkeiten, das Geschäftsfeld sehr schnell und profitabel auszubauen, steckten im Zusammenschluss. „Zwei Firmen, zwei Produktgruppen, zwei Kulturen zusammenzubringen – mir macht das einfach Spaß“, sagt Häusermann. An dieser Stelle zeigt sich der Zahlenmensch Jenner zurückhaltend-emotional: „Ich möchte ergänzend sagen, ohne einen solchen Experten wie Herrn Häusermann hätten wir uns zweimal überlegt, das zu machen.“ Um im nächsten Moment wieder ganz der erfolgreiche „angestellte Unternehmer“ zu sein, dem Mitte November die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg verliehen wurde: „Herr Häusermann erfüllt immer seine Businesspläne.“ Wichtig sei für Kärcher außerdem, dass „wir einen Mann haben, der Kunden, Markt und Technik kennt, das ist elementar für uns“. Und, der seine Versprechen erfülle.

Minimale Überschneidungen bei Produktportfolio

Zu einem Versprechen, was den unveränderten Fortbestand des Holder-Produktportfolios betrifft, lässt sich Häusermann selbstredend nicht hinreißen. Generell sei Kärcher im „reinen Kehrmaschinengeschäft“ stark, habe aber auch eine „starke Position“ bis 45 PS im Geräteträgersegment inne. Holder sei dagegen ab 50 PS bis 130 PS stark. Somit ergänze sich das Sortiment „optimal“. Auf die Fragen, ob es in Zukunft weiterhin Holder-Kehrmaschinen unter dem Kärcher-Dach geben werde, oder ob der ein oder andere Kärcher-MIC-Geräteträger wegfalle, retourniert der Schweizer prompt: „Dass es kleinere Anpassungen geben wird, ist klar. Es gibt ja auch kleinere Überlappungen, aber die sind wirklich sehr, sehr klein.“ Überlegungen gingen derzeit vilemehr in Richtung Austausch von Kehrsystemen sowie Errichtung von entsprechenden Plattformen. Holder ist bis 45 PS mit einem Benzin-Motor unterwegs, Kärcher dagegen mit einem Dieselmotor. Um genauere Aussagen zu treffen, sei der Zeitpunkt nach der Übernahme noch zu früh. In den kommenden ein bis zwei Jahren solle nun „gut überlegt und analysiert“ werden. Schließlich handle es sich um bestens am Markt positionierte Produkte, da müsse „nichts übers Knie“ gebrochen werden.

Beredtes Schweigen in Sachen Heatweed

Auch in Sachen Neuordnung der Holder- bzw. Kärcher-Vertriebsstruktur werde nichts übers Knie gebrochen, sind sich die beiden Top-Manager einig. Es wäre komplett falsch, einen Vertriebskanal zu zerschlagen, gab Häusermann zu bedenken. Vielmehr gelte es an dieser Stelle, ebenfalls gut zu analysieren, um „ganz in Ruhe zu schauen, wie sieht das Zielbild Vertrieb Holder – respektive Vertrieb Kärcher – am Schluss aus“. Dennoch: „Es wäre gelogen, wenn wir sagen würden, es bleibt alles so wie es ist. Dann würden wir unsere unternehmerischen Aufgaben nicht erledigen“, so der 59-Jährige weiter. Apropos unternehmerische Aufgaben: In Sachen Heatweed Technologies GmbH hüllen sich Jenner und Häusermann in beredtes Schweigen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was jedoch unbestritten klar ist: Der nächste Paukenschlag à la Kärcher lässt bestimmt nicht lange auf sich warten.

Zur Person 

Hartmut Jenner (54) ist seit 28 Jahren für Kärcher tätig, davon seit 19 Jahren in der Geschäftsführung und seit 18 Jahren als deren Vorsitzender. Seine berufliche Karriere beim Reinigungsspezialisten begann der Diplom-Kaufmann und Diplom-Ingenieur im Jahre 1991. Im Anschluss an das Studium an der Universität Stuttgart war er zunächst als Assistent des Geschäftsführers für Finanzen, Rechnungswesen und Personal tätig, bevor er zum Leiter des betrieblichen Rechnungswesens avancierte.

1994 wurde Jenner kaufmännischer Leiter und stellvertretender Spartenleiter der Anlagentechnik. Weitere drei Jahre später verantwortete er das Geschäftsfeld für Endverbraucherprodukte und war von 1998 an gleichzeitig Geschäftsführer für Kärcher Nordamerika.

Im Jahre 2000 wurde der Schwabe in die Geschäftsführung des Weltmarktführers für Reinigungstechnik berufen und im Jahr darauf zum Vorsitzenden der Geschäftsführung der Kärcher-Gruppe und zum Vorstand der Alfred Kärcher-Förderstiftung ernannt. Heute ist Hartmut Jenner Vorsitzender des Vorstands der Alfred Kärcher SE & Co. KG. Seitdem er die Verantwortung für das Unternehmen übernommen hat, haben sich Umsatz und Mitarbeiteranzahl von Kärcher nahezu verdreifacht. Jenner stammt aus Winnenden, dem Kärcher-Stammsitz, und ist stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats des VfB Stuttgart. In Anerkennung seiner herausragenden unternehmerischen Leistungen wurde ihm Mitte November die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg verliehen. Am 07. September dieses Jahres wird der dreifache Familienvater 55 Jahre alt. (mil/bho)

Zur Person 

Michael Häusermann
(59) zeichnet seit 01. Januar dieses Jahres bei Kärcher als Vorstand Special Businesses verantwortlich. In dieser Funktion verantwortet er die Bereiche Kommunal- und Waschtechnik sowie die Kärcher-Tochtergesellschaften Holder, Ringler, WOMA, Futuretech und ISAL. Zuvor war er mehr als drei Jahre beim Winnender Reinigungsgerätehersteller als Bereichsleiter Floorcare & Municipal tätig. Darüber hinaus verantwortet er seit Juni 2019 den Bereich Engineered Solutions. Mit der Übernahme der Max Holder GmbH im September 2019 wurde er zum Geschäftsführer des Kärcher-Tochterunternehmens mit Sitz in Reutlingen ernannt.

Der Schweizer verfügt über umfassende Branchenkenntnisse und langjährige Management-Erfahrung. Er war vor seinem Eintritt bei Kärcher unter anderem bei der Bucher Industries AG in der Schweiz tätig und verantwortete den Bereich Bucher Municipal als CEO.

Häusermann wurde am 16. November 1960 geboren. Nach einer Lehre als Maschinenmechaniker besuchte er die Handelsschule am KLZ Zürich, die er mit einem höheren Wirtschaftsdiplom sowie einem Fachdiplom Marketing abschloss. Er ist Mitbegründer und Chairman des europäischen Herstellerverbandes EUnited. (mil/bho)

Bilder: Kärcher

www.kaercher.com
www.max-holder.com

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