Die Baubetriebshöfe in Kommunen sind weit mehr als nur ein „Anhängsel“ der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltungen.Dennoch haben sie fast keine eigene Lobby, die sich für ihre Interessen einsetzen würde. Das soll sich nun ändern: Im März 2017 wurde erstmals ein Arbeitskreis Baubetriebshöfe (AKB) auf Bundesebene im Verband kommunaler Unternehmen (VKU) gegründet. Der Aufbau der einzelnen Arbeitsgruppen in den Bundesländern schreitet voran. Nun sei es an der Zeit, die Verbandsarbeit aufzunehmen und Taten sprechen zu lassen, erklärt Hans-Jürgen Schiffner (58), Fachbereichsleiter bei der Stadtverwaltung Heidenheim und Vorsitzender des AKB. Denn es gebe einige aktuelle Themen, bei denen die Baubetriebshöfe – als direkt betroffene – ein Mitspracherecht haben sollten – ganz vorne mit dabei der Streitpunkt einer möglichen zukünftigen Umsatzsteuerverpflichtung (§2B) oder auch das Urteil zu den Preisabsprachen unter LKW-Herstellern. Im Interview mit Bauhof-online spricht Schiffner nicht nur über die inhaltlichen Schwerpunkte des AKB, sondern auch über seine Entstehungsgeschichte sowie den Nutzen, den Kommunen aus einer Mitgliedschaft ziehen können.
Herr Schiffner, welche Geschichte steckt hinter der Gründung des VKU-Arbeitskreises Baubetriebshöfe auf Bundesebene?
Seit 2000 bin ich bei der Stadtverwaltung Heidenheim als Fachbereichsleiter tätig. Irgendwann habe ich dann, zusammen mit dem Städtetag Baden-Württemberg, die Arbeitsgruppe Betriebshöfe im Städtetag Baden-Württemberg gegründet und knapp fünf Jahre lang geleitet. Schließlich haben wir uns in der Arbeitsgruppe der Betriebsleiter im Städtetag gesagt: Was wir hier in Baden-Württemberg mit der Arbeitsgruppe machen, das funktioniert so brillant, das müsste man eigentlich auch auf Bundesebene machen können – also eine Vernetzung unter allen Baubetriebshofleitern in den Bundesländern. Hier in Baden-Württemberg sind wir mittlerweile ein relativ eingeschworener Kreis von Baubetriebshofleitern. Wir haben teilweise die Nummern der Kollegen fest bei uns in den Telefonen eingespeichert. Ein Knopfdruck reicht und man kann mal eben den Kollegen anrufen und etwas nachfragen. Dazu kommt, dass ich seit fast 30 Jahren Referent an verschiedenen Akademien und Hochschulen zu allen möglichen Themen rund um den Bauhof und dadurch natürlich in ganz Deutschland unterwegs bin. Ich bekomme also mit, was meine Bauhofleiterkollegen in der ganzen Bundesrepublik so alles an tollen Dingen machen – aber eben immer nur auf ihrer kleinen Regionalschiene und nicht auf Bundesebene. Dabei haben wir die positiven Auswirkungen einer interkommunalen Zusammenarbeit erstmals bei der gemeinsamen Salzausschreibung, die wir mittlerweile seit einigen Jahren durchführen, machen dürfen. Am Anfang beinhaltete sie nur die Teilnahme von Baden-Württemberger Kommunen. Heute können dagegen alle Kommunen aus Deutschland mitmachen, wenn sie wollten. Die Preise, die bei so einer gemeinsamen Ausschreibung dann auf einmal entstehen, sind natürlich gigantisch günstig.
Bei einer gemeinsamen Salzausschreibung wird der Nutzen für die Kommunen sofort klar. Was aber bringt ein AKB auf Bundesebene für die Bauhöfe?
Wir haben uns natürlich überlegt, wo wir mit dieser ganzen Geschichte überhaupt hinwollen. Und die Antwort von den Kollegen war in der Regel durchweg, dass es endlich eine Lobby für die Baubetriebshöfe geben muss. Zwar nehmen viele Stadtverwaltungen ihre Baubetriebshöfe mittlerweile sehr ernst und behandeln sie nicht mehr wie das fünfte Rad am Wagen. Aber faktisch ist es trotzdem noch so, dass die Baubetriebshöfe im Grunde genommen alle Entscheidungen immer nur ungefragt präsentiert bekommen und sie dann nur noch umsetzen müssen. Sie hatten in der Regel selten die Möglichkeit, ihre Meinungen und Erfahrungen mit einzubringen. Ein typisches Beispiel ist die Führerschein-Novellierung vor einigen Jahren. Diese Thematik und die der Berufskraftfahrer-Qualifizierung bereitet den Kommunen heute viele Probleme und nicht unerhebliche Kosten. Denn hier kamen enorme zusätzliche Ausbildungskosten auf uns zu, weil wir mittlerweile die jungen Leute, die wir einstellen, z.B. beim Führerschein nachqualifizieren müssen. Wir müssen ihnen oftmals einen großen LKW-Führerschein bezahlen, damit sie überhaupt hinter einem Pritschenfahrzeug einen Anhänger ziehen dürfen, auf dem sich ein Minibagger befindet.
Wieso ist gerade der VKU ihr Partner bei diesem Projekt?
Schon seit vielen Jahren gibt es den VKS (Verband kommunaler Stadtreinigungsbetriebe), als Teil des VKU. Der VKS vertritt noch am ehesten die Interessen, die auch einen Bauhof betreffen – allerdings ist das ein relativ kleiner Teil von dem, was einen Bauhof insgesamt ausmacht. Viele Baubetriebshöfe sehen sich als Gemischtwarenladen, der nicht nur für die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung zuständig ist. Ein Teil der Bauhöfe kritisiert deshalb, dass der VKS viele Aufgabenbereiche der Baubetriebshöfe gar nicht in seinem Portfolio hat – zum Beispiel die Grünanlagenunterhaltung sowie die Friedhofs- oder auch Hochbauunterhaltung. Also haben wir Kontakt zum VKU aufgenommen und sie gefragt, ob sie sich nicht vorstellen könnten, mit ihrem Verband auch die Bauhöfe als Dienstleister zukünftig zu vertreten. Anfangs war der VKU etwas skeptisch, doch dann haben sie zugestimmt.
Wie sieht der momentane Entwicklungsstand aus?
Wir beabsichtigen, für die Baubetriebshöfe einen eigenen Fachausschuss beim VKU zu generieren. So weit sind wir aber noch nicht. Im Augenblick befassen wir uns mit der Gründung der Länderarbeitsgruppen und da gibt es momentan folgende Konstellationen: Wir haben mittlerweile sechs Bundesländer, mit denen wir gerade dabei sind, einen solchen Arbeitskreis einzurichten oder wo ein solcher Arbeitskreis schon existiert. Zum einen haben wir den AK Küstenländer, da sind schon mal mindestens zwei Bundesländer mit drin. Dazu kommen noch der AK Nordrhein-Westfalen sowie der AK Hessen und Rheinland-Pfalz. Sowohl der AK Küstenländer, als auch der AK Nordrhein-Westfalen funktionieren heute schon ausgezeichnet. Die AK Hessen und Rheinlandpfalz sowie Baden-Württemberg befinden sich gerade in der Gründungsphase – dasselbe gilt für die neuen östlichen Bundesländer, die wir im Augenblick in einem großen Arbeitskreis vereinen wollen. Und wir sind gerade dabei mit den Kollegen in Bayern Kontakt aufzunehmen, damit wir auch dort einen Landesarbeitskreis Baubetriebshöfe aufbauen können. Mit unserem Arbeitskreis hier in Baden-Württemberg sind es dann am Ende sechs Landesarbeitskreise. Ich weiß, wir haben eigentlich 16 Bundesländer. Aber Rom ist ja auch nicht an einem Tag erbaut worden.
Nehmen wir an, ein Bauhof will Mitglied des AKB werden. Was muss er dafür tun?
Hier kommen wir tatsächlich an den Casus Knacksus der ganzen Geschichte. In vielen Kommunen ist es so geregelt, dass Mitgliedschaften in Verbänden oder Genossenschaften mindestens vom Bürgermeister, oftmals sogar vom gesamten Gemeinderat, genehmigt werden müssen. Das erschwert den Betritt eines Baubetriebshofes, da hier vom Betriebsleiter erst einmal einige Hürden zu nehmen sind. Ein weiterer Knackpunkt sind die Mitgliedsbeiträge. Verbandsarbeit ist nirgends kostenlos! Die günstigsten Mitgliedsbeiträge liegen beim VKU bei rund 1000 Euro im Jahr. Schwierig wird es da vor allem bei kleinen Kommunen, die beispielsweise nur zehn Mitarbeiter auf dem Bauhof haben. Wir arbeiten aber an einer Lösung. Vom eigentlichen Ablauf her ist der Beitritt jedoch ganz einfach: Man geht auf die Internetseite des VKU (<link http: www.vku.de>www.vku.de). Dort gibt es einen Button mit dem Begriff Mitgliedschaft. Darüber ruft man das Beitritt-Formular auf und füllt es digital aus. Anschließend braucht man es nur noch auszudrucken und unterschrieben an den VKU schicken – schon ist man Mitglied.
Wie soll der Arbeitskreis Baubetriebshöfe auf Bundesebene künftig funktionieren?
Jeder der Länderarbeitskreise hat einen eigenen Vorsitzenden und einen Stellvertreter. Beide sollen sich dann zwei- bis dreimal im Jahr im Bundesarbeitskreis treffen, von dem ich der Vorsitzende bin. Ich möchte, dass die Kollegen mit Problemstellungen aus ihren Bundesländern in diesen großen Arbeitskreis auf Bundesebene kommen. Dort sollen sie dann kommunizieren, wo bei ihnen gerade der Schuh drückt, welche Veränderungen es gibt und was sonst so bei ihnen los ist. Gemeinsam wird schließlich nach Problemlösungen gesucht. Dabei hilft uns auch der VKU, indem er beispielsweise Referenten oder Fach-Moderatoren zu bestimmten Themen organisiert. Aktuell haben die Abfallwirtschaftler gerade etwas zum Thema Rückwärtsfahren mit dem Müllwagen gemacht. Ähnliche Projekte werden wir auch generieren. Schließlich haben wir auch ähnliche Probleme, z.B. das Rückwärtsfahren im Winterdienst.
Welche Themen beschäftigen den Arbeitskreis Baubetriebshöfe außerdem?
Wir haben zurzeit einige Probleme, die sowohl die Abfallwirtschaftler als auch uns Baubetriebshöfe betreffen – so wie beispielsweise das LKW-Kartell und die Frage, wie die Baubetriebshöfe nach dem Urteilsspruch ihre individuellen Schäden ersetzt bekommen. Große Verunsicherung gibt es auch bei der geplanten Novellierung der Umsatzsteuer. Das Thema Sicherheitskleidung haben wir ebenfalls im Blick, da möglicherweise die DIN-Norm im kommenden Jahr geändert werden soll. Wir wollen bei diesen Themen zukünftig gerne unsere Erfahrung mit einbringen, zumal wir die meisten Mitarbeiter in unseren Betrieben beschäftigen, die davon betroffen sind. Das sind alles Themen, die wir mit Hilfe des VKU mitgestalten können.
Was steht für die Zukunft noch alles an?
2016 haben wir die Gründung des Bundesarbeitskreises Baubetriebshöfe auf den Weg gebracht, im vergangenen Jahr dann zusammen mit dem Geschäftsführer für diesen Bereich im VKU, Herrn Dr. jur. Holger Thärichen, in eine saubere Organisationsform gebracht. Ich glaube einfach, dass es jetzt, nach dem organisatorischen, an der Zeit ist, Taten sprechen zu lassen. Wir müssen den Kommunen zeigen, dass wir wirklich für die Baubetriebshöfe da sind und nicht allein nur für die Stadtreiniger und Abfallwirtschaftler, wie das leider immer noch viele denken. Außerdem müssen wir unseren Mitgliedern (und zukünftigen Mitgliedern) jetzt zeigen, dass wir auch wirklich bereit sind, etwas für die Baubetriebshöfe zu bewegen. Und genau das machen wir gerade: Wir fassen die wichtigen Themen an. Digitalisierung der Betriebe sowie Mitarbeitergewinnung und -erhaltung sind gerade einige unsere Schlagwörter. Auch das Thema Mitarbeiterqualifizierung ist ein ganz wichtiges Thema. Wir sprechen hier von einer Qualifizierung speziell für unsere kommunalen Betriebe. Das geht bis hin zu Überlegungen, dass wir vielleicht ein eigenes Berufsbild schaffen möchten. Mit einem Verband wie dem VKU können wir so etwas auch verwirklichen. Das sind im Groben die Projekte, die wir in den nächsten Jahren angehen werden.
Sie sind unter anderem auch auf der IFAT vertreten. Ist die Messe als Plattform gedacht, um noch mehr auf sich aufmerksam zu machen?
Definitiv! Der VKU hat einen eigenen Stand auf der IFAT. Wir werden am 16. Mai eine Bauhofleiter-Diskussion führen, in der wir auch nochmal den Bundesarbeitskreis Baubetriebshöfe vorstellen werden. Wir führen gerade die vermutlich größte bundesweite, kostenlose Bauhofleistungsanalyse durch. Alle Teilnehmer bekommen auf/ab der IFAT Ihre individuellen Ergebnisse mitgeteilt. So etwas kostet normalerweise richtig viel Geld. Wir wollen zukünftig für die Baubetriebshöfe da sein. Deshalb ist unsere Anwesenheit auf einer Messe wie der IFAT auch so wichtig.
Informationen:
- Am 30./31. Januar 2018 findet das nächste Treffen des Arbeitskreises Baubetriebshöfe in Nordhorn (Niedersachsen) statt.
- Am 16. Mai 2018 präsentiert sich der Arbeitskreis Baubetriebshöfe zusammen mit den Ländervertretern auf dem Messestand des VKU auf der IFAT in München (Halle A5, Stand 351/550).
Kontaktdaten bei Interesse der Kommunen:
Hans-Jürgen Schiffner
Vorsitzender Arbeitskreis Baubetriebshöfe
Fachbereichsleiter Stadt Heidenheim
E-Mail: <link>hans-juergen.schiffner@heidenheim.de
Internet: <link http: www.vku.de>www.vku.de
Interview: JG – Redaktion Bauhof-online.de
Bilder: Hans-Jürgen Schiffner/Baubetriebshof Nienburg/Edda Hagebölling/Neuer Betriebshof Saarlouis/Stadt Bad Wildungen/Bauhof-online.de