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INTERFORST 2018: Ökonomie und Ökologie - Im Wald ist beides möglich

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  • Forstwirtschaft – eine unterschätzte Größe: Fakten, Trends und Stimmen aus der Branche
  • Nachhaltige Forstwirtschaft ist eine Chance für den Klimaschutz
  • INTERFORST: Treffpunkt für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik

Wirtschaftsfaktor und Naturraum – der Wald steht im Spannungsfeld starker gesellschaftlicher Ansprüche. Gleichzeitig bietet nachhaltige Forstwirtschaft Chancen für den Klimaschutz. Auf der internationalen Leitmesse INTERFORST in München zeigen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft alle vier Jahre die großen Trends auf, diskutieren Herausforderungen und zeigen Lösungen.

Holz ist ein Multitalent – und so alltäglich, dass viele es kaum wahrnehmen: Ob Spielzeug, Papier, Bodenbelag, Holztisch oder Haustür – rund 76 Millionen Kubikmeter Holz werden pro Jahr in Deutschland geerntet, europaweit sind es rund 525 Millionen (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft/BMEL; Eurostat). Die Nachfrage nach dem nachwachsenden Rohstoff ist ungebrochen. „Die Forstwirtschaft ist eine oft unterschätzte Größe“, erklärt Martina Ehrnsperger, Projektleiterin der INTERFORST. „Dabei ist sie ein moderner Wirtschaftszweig, der zwischen regionaler Vermarktung und internationalen Märkten agiert. Digitalisierung und Hightech-Maschinen haben längst Einzug erhalten. Klimaschutz spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.“

Wirtschaftsfaktor Holz
In der Europäischen Union sind rund 60 Prozent des Waldes in Privatbesitz – und auch Deutschland ist ein Land der Waldeigentümer: 48 Prozent des Waldes sind in der Hand von rund zwei Millionen privaten Waldeigentümern. Der Rest besteht aus Kommunal- und Körperschafts- sowie Landes- und Bundeswald. Der Wald ist Wirtschaftsraum für eine Vielzahl von Forstbetrieben sowie holzverarbeitender Industrie – und zwar nicht nur im ländlichen Raum. In Deutschland hat das Cluster Forst und Holz rund 1,1 Millionen Beschäftigte, die in rund 130.000 Unternehmen arbeiten. Pro Jahr werden mit dem Wald und seinen Erzeugnissen etwa 180 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. „Damit gehört das Cluster Forst und Holz zum wirtschaftlichen Rückgrat der Bundesrepublik“, erklärt Philipp Freiherr zu Guttenberg, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldeigentümer (AGDW – Die Waldeigentümer).

Holz – eine Chance für den Klimaschutz
Der Holzertrag finanziert alle Schutz- und Erholungsleistungen für den Wald. Gleichzeitig ist Holz ein klimafreundlicher Ersatz für fossile Rohstoffe, zum Beispiel als nachwachsende Energiequelle wie Hackschnitzel oder Pellets. Langlebige Holzprodukte wie Möbel oder Häuser sind zudem dauerhafte Kohlenstoffspeicher.
Die Forschung arbeitet daran, diese Potenziale weiter auszubauen. „Der Rohstoff Holz steht für ein spannendes und hochinnovatives Zukunftsfeld“, erklärt Prof. Dr. Klaus Richter vom Lehrstuhl für Holzwissenschaft der technischen Universität München und Leiter des Forschungslaboratoriums Holz (TUM). Unter anderem wird Holz in seine Bestandteile zerlegt, denn verflüssigt lässt es sich in beliebige Formen spritzgießen. Gepresst oder geschäumt ist es ein hochwertiger Dämmstoff. Wesentlich für den jahrelangen Einsatz von Holz, insbesondere in Baukonstruktionen, ist die Widerstandsfähigkeit gegenüber biologischen und physikalischen Einwirkungen wie Pilzen, Insekten, Feuer und UV-Strahlung. „Die Forschung entwickelt deshalb neue Verfahren der thermischen und chemischen Anpassung von Holz, die auf den Einsatz umweltschädlicher Stoffe verzichten“, erklärt Richter, der auch Mitglied des INTERFORST Programmkomitees ist.

Trend zur Vielfalt im Wald
Ob in der Waldwirtschaft oder bei Produkten – in der Vergangenheit galt die Fichte als das Nonplusultra. Doch Klimawandel und der von der Politik betriebene Waldumbau sorgen dafür, dass andere, vor allem Laubholzarten, in die Nutzung gelangen. „Das bedeutet für die Holzindustrie, dass sie ihre Produktions- und Verwertungsprozesse anpassen muss, abgestützt durch umfassende Technologieentwicklungen“, erläutert Richter. Denn die Vielfalt der Laubholzarten und ihrer Eigenschaften sind herausfordernd, sei es beim Einschnitt, bei der Holztrocknung und insbesondere beim Verkleben oder beim Beschichten von Oberflächen. „Neue Verbund- und Hybridwerkstoffe mit Holz und holzbasierten Fasern sowie einer Vielzahl von Kombinationspartnern sind deshalb ein großes Thema. Damit werden leistungsfähige Konstruktionen aus Holz und anderen biobasierten Baustoffen möglich", so der Wissenschaftler.

Land voller Bäume – nachhaltig genutzt
Wer Holz nutzt und verbraucht, muss in Deutschland keine Sorge um den Bestand des Waldes haben. Deutschland ist das waldreichste Land Mitteleuropas. Über sieben Milliarden Bäume wachsen auf 11,4 Millionen Hektar, das ist gut ein Drittel der Landesfläche (BMEL). Und die Waldfläche nimmt sogar zu, ebenso wie der Holzvorrat in deutschen Wäldern. Es wächst mehr Holz nach, als genutzt wird. Immer mehr stabile Mischwälder und ein steigender Anteil alter und toter Bäume, auch in Wirtschaftswäldern, erhöhen gleichzeitig die Biodiversität. Neue Gefährdungen durch den Klimawandel, Luft- und Bodenschadstoffe oder spezifische Baumkrankheiten erfordern jedoch permanente Anstrengungen, um den Wald gesund zu erhalten. Nachhaltige Forstwirtschaft ist auch das Ziel der Europäischen Union. Hier sind 41 Prozent der Landfläche bewaldet und diese Fläche wächst – wobei sich die Situation in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich darstellt (Eurostat).
„Mit unserer nachhaltigen Forstwirtschaft und mit unserer Waldpflege leisten wir einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt der Wälder, zum Klimaschutz und dazu, dass sich Menschen im Wald erholen können“, erklärt Philipp Freiherr zu Guttenberg. „Wir können beides: Ökonomie und Ökologie. Wir sorgen nicht nur für die Ausbalancierung von Bewirtschaftung und Naturerhalt, sondern wir liefern auch den ökologischen Rohstoff schlechthin. Holz ist vielseitig und innovativ und könnte eine wesentlich größere Rolle spielen in der Dekarbonisierung unserer Wirtschaft.“

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