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Einhängen von Rattengiftködern verstößt gegen Vorschriften

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Bereits vor mehr als einem Jahr hat das Umweltbundesamt durch eine Studie belegt, dass der ungeschützte Einsatz von Rattengiften in Wassernähe unter anderem zu Giftrückständen in Fischen führt. Ein Schädlingsbekämpfer stellte die Ergebnisse nun in einem offenen Brief infrage. Hierauf reagierte das Umweltbundesamt umgehend mit einer eindeutigen Antwort.

Die wissenschaftliche Studie, die von der Bundesanstalt für Gewässerkunde durchgeführt wurde, sorgte bereits vor über einem Jahr für viel Aufmerksamkeit. Sie belegt, dass gefährliches Rattengift mittlerweile sogar in Lebern von Fischen zu finden ist, die ausschließlich in durch traditionelle Klärwerke gereinigtem Wasser ausgesetzt waren. Auch in Leberproben von Fischen aus deutschen Flüssen waren bereits zuvor Giftrückstände nachgewiesen worden. Als Ursache machten die Forscher der Bundesanstalt für Gewässerkunde den ungeschützten Einsatz von Rattengiften im Abwasserkanal sowie in Wassernähe aus.

Offener Brief ans Umweltbundesamt

Mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung der Studienergebnissee stellt nun Ulrich Ahrens, der sowohl als Schädlingsbekämpfer als auch als Sachverständiger und Ausbilder tätig ist, die Studienergebnisse infrage. „Alle Ergebnisse zeigen deutlich, es ist unwahrscheinlich, dass es einen Zusammenhang zwischen den Bekämpfungsmaßnahmen in der Kanalisation und den Rückständen in den Kläranlagen gibt“, heißt es in seinem Schreiben.

Ahrens behauptet in seinem offenen Brief weiter, dass die Giftköder lediglich so angebracht werden müssten, dass sie im Normalbetrieb nicht mit Wasser in Kontakt kommen können. Bei außergewöhnlichen Betriebszuständen wie Starkregen, müssten die Köder einfach gegen Wegschwemmen gesichert sein. „Das kann gewährleistet werden, indem die Köder stabil an einem Draht oder einer Kordel einige Zentimeter über dem Bankett hängen“, erläutert Ahrens.

Einhängen von Ködern ist nicht praktikabel

In einer Reaktion auf den offenen stellte das Umweltbundesamt eindeutig klar, dass dies nicht der Fall ist. Die Ausbringung am Draht sei in der Praxis keine sichere Anwendungsmethode, „um Ratten in der Kanalisation mit Rodentiziden rechtskonform zu bekämpfen und Einträge von Rodentiziden in Gewässer zu minimieren“, betonen Vertreter des Umweltbundesamts.

Eine Beköderung ohne Köderschutz sei nur dann zulässig, wenn das gleiche Schutzniveau auch anderweitig sichergestellt werden könne. Ob mit oder ohne Draht müsse gewährleistet werden, dass die Köder während ihrer gesamten Ausbringungsdauer nicht in Kontakt mit Wasser bzw. Abwasser kommen können – also auch nicht bei Starkregenereignissen oder bei Rückstau. Nur dann sei dies ordnungsgemäß im Sinne der Anwendungsbestimmungen aus der Biozid-Zulassung. „Andernfalls stellt dies – spätestens dann, wenn der Kontakt mit dem Wasser stattgefunden hat – eine nicht ordnungsgemäße Biozidanwendung und damit zumindest nach der Gefahrstoffverordnung in Verbindung mit dem Chemikaliengesetz eine Ordnungswidrigkeit dar“, heißt es in der Antwort auf den offenen Brief.


„Letztendlich kommen wir um die Feststellung nicht umhin, dass Rodentizide in Gewässer gelangen und in Fischen nachgewiesen werden“, bilanziert Anton Friesen vom Umweltbundesamt. „Das ist ein Problem. Anstatt es wegzudiskutieren, sollten wir uns vielmehr überlegen, ob die bislang übliche Praxis der Rattenbekämpfung in der Kanalisation noch sinnvoll und zeitgemäß ist.“ Hierbei komme vor allem der Befallsfeststellung eine zentrale Rolle zu. „Bisher wurde aus Unkenntnis über die genauen Aufenthaltsorte von Ratten in der weitläufigen Kanalisation Rattengift flächendeckend ausgebracht. Dabei liegen bereits Erkenntnisse vor, dass Ratten nicht gleichmäßig verteilt im Kanalnetz vorkommen.“

Eigentlich liegt die Lösung auf der Hand. Schließlich gibt es mittlerweile mehrere Anbieter von Köderschutzboxen, die selbst bei steigenden Wasserpegeln verhindern, dass der Giftköder in Kontakt mit dem Abwasser kommt. Einige Modelle lassen sich sogar vernetzen und übertragen Informationen zum lokalen Rattenbefall in Echtzeit zum Anwender, der den Ratten-Hotspot umgehend erkennt und entsprechende Maßnahmen einleiten kann. Mit derartigen Köderschutzboxen lässt sich der Gifteinsatz um bis zu 95 Prozent reduzieren, wie die Praxiserfahrung zeigt.

VFöS warnt ebenfalls vor veralteten Methoden

Neben dem Umweltbundesamt haben mittlerweile auch andere Organisationen wie beispielsweise der Verein zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung (VFöS) auf den offenen Brief reagiert. „Für die Kanalbelegung mit Rodentiziden ist in den RMMs (Risikominderungsmaßnahmen) verpflichtend vorgeschrieben, dass ein Kontakt der Köder mit Wasser ausgeschlossen sein muss“, heißt es seitens des VFöS. „Praktisch steht dem jedoch entgegen, dass schon beim Benagen eines Köders Nagereste anfallen und weggeschwemmt werden können. Auch beim Belegen der Kanalschächte können von Köderblöcken an Draht Köderstücke abbrechen und ins Wasser fallen.“ Die Studien hätten schließlich gezeigt, dass Antikoagulanzien nicht nur in Kläranlagen nachzuweisen seien, sondern auch im Muskelfleisch und in den Lebern von Flussfischen benachbarter Fließgewässer.

Schädlingsbekämpfer zeigen trotz effektiver Alternativen wenig Einsicht

Die Interessengemeinschaft Schädlingsbekämpfung (Inge-S) hat sich ebenfalls zum offenen Brief geäußert und versucht sich dabei neutral zu positionieren. „Die Eigenverantwortung für die richtige Verwendung der Biozide sollte den Schädlingsbekämpfern nicht abgesprochen werden“, heißt es. Ob dies zumindest im Einzelfall das beste Vorgehen ist, muss zumindest angezweifelt werden. Denn in einer ersten Reaktion auf die Stellungnahme des Umweltbundesamts hat Ahrens bereits durchscheinen lassen, dass er an seinem Verhalten wenig ändern wird. So stellt er nicht nur weiterhin die Studienergebnisse infrage, sondern behauptet auch erneut: „Köder, welche fest mit dem Draht verbunden sind, werden auch bei unvorhersehbaren Starkregenereignissen nicht weggeschwemmt werden.“

Die Diskussion dürfte – trotz der Klarstellung des Umweltbundesamt und trotz der offensichtlichen Gefahren, die von ungeschützten Giftködern ausgehen, also noch nicht zu Ende sein. Ungeklärt ist dabei vor allem eine Frage: Wieso setzen Schädlingsbekämpfer wie auch Gemeinden und Betriebe weiterhin auf veraltete und potenziell gefährliche Bekämpfungsmethoden, wenn es längst sichere und effektivere Lösungen gibt?

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