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Brüssel setzt Kommunen unter Druck

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BRÜSSEL -  Europa verstärkt den Kampf gegen verdreckte Luft und erhöht deshalb den Druck auf Städte und Gemeinden. "Wer sich nicht ernsthaft um saubere Atemluft bemüht, bekommt ab Anfang nächsten Jahres Schwierigkeiten", hieß es gesterm im Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes. Denn statt einer zunächst anvisierten Aufweichung der bisherigen Regelungen (die Belastung durch Feinstaub darf an höchstens 35 Tagen im Jahr den Grenzwert von 40 Gramm je Kubikmeter übersteigen) werden die Auflagen sogar noch verschärft. Fahrverbote und andere Sanktionen bleiben als Konsequenzen erhalten.

Wichtigste Regelung der Reform, die von den zuständigen EU-Ministern und der Kommission noch im Detail abgesegnet werden muss: Eine Kommune, die nicht sofort alle Maßnahmen ergreift, um die Luft sauber zu halten, darf auf keine Gnade hoffen. Für sie gelten die neuen Grenzwerte ab 1. Januar 2008. Werden diese überschritten, müssen sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Erstellt eine Gemeinde aber bereits jetzt einen Luftreinhalte-Plan, kann sie in Brüssel auf Milde hoffen und bekommt zunächst drei und dann noch einmal zwei Jahre Schonfrist, um die gesetzten Grenzen zu schaffen. Mit dieser Regelung will man besonders auf Städte eingehen, die in schwierigen geografischen Kessellagen Probleme haben.

Außerdem sollen bereits ab 2010 nicht nur die heutigen Staubpartikel mit einer Größe von zehn Mikrometern erfasst werden, sondern auch die noch kleineren 2,5 Mikrometer großen Teilchen. Angestrebt wird zunächst eine Zielmarke von höchstens 20 Mikrogramm je Kubikmeter Luft, ab 2015 wird diese Marke zum Grenzwert. "Es reicht aber nicht aus, die Luftqualität nur zu messen", sagt die CSU-Umweltpolitikerin Anja Weisgerber. "Wir müssen die Quellen verstopfen." Deshalb wird die Kommission aufgefordert, endlich neue Gesetzesvorlagen zu schaffen, um neben dem Verkehr auch die übrigen Luftverschmutzer zu bekämpfen. So soll eine neue Euro-6-Norm für Lastkraftwagen folgen, die Emissionen der Wohnhäuser sollen drastisch gesenkt, Schiffsdiesel mit Filtern versehen und auch die Landwirtschaft mit strikten Auflagen an die umweltpolitische Leine gelegt werden.

Im Gegensatz zur Luftreinhaltung ist die gleichzeitig angekündigte Bodenschutzrichtlinie zwischen den EU-Institutionen noch heftig umstritten. Vor allem die Belastung der Böden durch Schadstoffe wie Schwermetalle, Dioxin und Chemikalien soll angegangen werden. Nach Erhebungen der Kommission sind rund 3,5 Millionen Grundstücke in der Gemeinschaft leicht und weitere 500 000 schwer belastet. Doch die Parlamentarier wehren sich gegen ein allzu enges Kontrollsystem, das beispielsweise beim Verkauf eines normalen Ein-Familien-Hauses zunächst ein Gutachten zur Bodenbelastung vorsieht und mit rund 5000 Euro zu Buche schlagen würde. Stattdessen wollen insbesondere die deutschen Europa-Politiker erreichen, dass die Bodenerhaltung zur Sache der Mitgliedstaaten erklärt wird.

Feinstaub
Feinstaub mit einer Größe von zehn Mikrometern oder kleiner wird von den "Filtern" im menschlichen Nasen-Rachen-Raum nicht aufgehalten und gelangt deshalb in die Lunge. An der Luftverschmutzung mit Feinstaub sind verschiedene Ursachen beteiligt. Laut Bundesumweltministerium stellen Industrieabgase die größte Gefahrenquelle dar, gefolgt von den Emissionen der Privathaushalte und dem Verkehr. Die bisherige EU-Regelung sieht neben der inzwischen erfolgten Einführung des Rußpartikelfilters für Diesel-Fahrzeuge vor allem Fahrverbote vor, wenn die Grenzwerte überschritten sind. In Deutschland können Autobesitzer bei ihren Werkstätten Plaketten erhalten, die umweltfreundlichen Autos auch an belasteten Tagen die Weiterfahrt ermöglichen.

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