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Bauhof Waibstadt: „2011 hatten wir gar nichts“

Im Kraichgau-Städtchen Waibstadt ist ein Bauhof-Team zugange, dem es in rund zehn Jahren gelungen ist, sich aus zermürbenden Einzelkämpfer-Zeiten in die kommunale Gegenwart zu katapultieren.

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Von: Michael Loskarn

„2011 hatten wir gar nichts“, erinnert sich Thomas Kaiser. „Es gab einen Pritschenwagen, zwei alte Unimog und alte Traktoren, die nicht einmal ein Verdeck, geschweige denn eine Kabine hatten.“ Von Einzelkämpfern, die „vor sich hin wurstelten“, erzählt der Bauhofleiter. Doch nicht nur der Maschinenpark liegt 2011 im Argen, als der heute 50-Jährige als neuer Chef beginnt. Der ein oder andere Kollege hat mit persönlichen Problemen zu kämpfen, eine Personalplanung gibt es nicht, auch keine Struktur. „Ich musste den Bauhof komplett neu aufbauen“, schildert der Vater zweier Töchter. Sozialräume, Arbeitskleidung, fachgerechte Ausrüstung, Aufsitzmäher – alles Fehlanzeige.

Der Waibstädter, der zuvor in einer Neckargemeinde als stellvertretender Bauhofleiter tätig war, krempelt die Ärmel hoch. In den ersten beiden Jahren häuft er 400 Überstunden an: „Klar, der laufende Betrieb musste ja aufrechterhalten werden“, so Kaiser. Er entwickelt Ideen, macht sich Gedanken, welche Maschinen bzw. Ausrüstungen nötig sind, wälzt Angebote, überlegt, welche Aufgaben an Subunternehmen vergeben werden. Zwei Mann bilden ab sofort immer ein Team. Um die vielfältigen Aufgaben zu strukturieren, führt Kaiser ein EDV-System sowie eine auf Auftragszettel basierte Personal-Einsatzplanung ein. Er stellt neue Fachkräfte ein – und, und, und. Kurzum: Der neue Chef schafft adäquate Strukturen für einen funktionierenden Bauhof. Und, hat immer „kompletten Rückhalt“ von Seiten der Gemeinde sowie von Bürgermeister Joachim Locher, mit dem „der Thomas“ auf Du und Du steht. Rund 600.000 Euro investiert die 5.700-Seelen-Gemeinde in ihren Bauhof – verteilt über die vergangenen neun Jahre. „Wir haben von 2011 bis 2020 fast alle Fahrzeuge und Gerätschaften erneuert sowie zusätzliche Maschinen zur Arbeitserleichterung beschafft.“ Logisch, dass sich Kaiser heutzutage „sehr zufrieden mit der Ausstattung“ zeigt.

Fuhrpark kann sich zwischenzeitlich sehen lassen

Zwischenzeitlich schöpfen die neun – inklusive Chef – Experten in orange „aus dem Vollen“. Hoch sei die Motivation im Team – extrem niedrig dagegen die Krankheitstage. Jeden Morgen um 6.30 Uhr geht die Arbeitsvorbereitung mit Auftragszettelvergabe über die Bühne. „Gegen 7.00 Uhr erfolgt bei einer kurzen Besprechung die Einteilung der Arbeiten, der Fahrzeuge sowie der jeweiligen Personen. Hier wird auch nochmals der Vortag besprochen“, führt der Familienvater an. Und ergänzt: „Wir haben das Glück, zusammen mit den Kollegen der Kläranlage auf einem großen Areal zu arbeiten. Außenlagerflächen, gemeinsame Werkstatt, Fahrzeughalle, Lagerhalle sowie eine Schreinerei und Sozialräume befinden sich mittlerweile auf dem Areal.“ Apropos: 100 m2 Fläche misst die Schreinerei, die die Männer selbst an das bestehende Gebäude angebaut haben. Weiterer Vorteil, der sich aufgrund der räumlichen Nähe ergibt: Je nach Absprache, können die Bauhof-Mitarbeiter auf einen Manitou-Teleskoplader, einen Zwölf-Tonnen-Lkw von MAN sowie auf einen Gabelstapler der Kläranlagen-Kollegen zurückgreifen. Doch auch der ureigene Bauhof-Fuhrpark kann sich zwischenzeitlich sehen lassen: vier Kleintransporter, ein Reform Muli mit Abrollcontainer und Winterdienstausrüstung, ein Fendt-Schmalspurschlepper für Sportplatzpflege und Winterdienst, ein Egholm-Knicklenker mit Winterdienstausrüstung, Frontmäher sowie Kehrmaschine, ein Kubota-Großflächenmäher für Sportplätze, ein John-Deere-Aufsitzmäher, ein John-Deere-Schlepper 6090 mit Frontlader für Seilwinde und Tandemhänger, ein Wacker-Neuson-Radbagger sowie diverse weitere Geräte.

Maschinen und Geräte eben, die unabdingbar sind, um den umfassenden Aufgaben in Waibstadt gerecht zu werden. Allein für circa 15 Hektar Grünflächen sind die neun Fachleute verantwortlich. Derzeit stehen neben der Baumpflege auch die Maschinenwartung für die Sportplatzpflege, Spielplatzüberprüfungen inklusive Wartung der Spielgeräte, Arbeitssicherheitsverbesserungen im Bauhof, die Grünpflegevorbereitung sowie ganz allgemein die Verschönerung der Grünanlagen an. „Für die Baumpflege setzen wir von Stihl Akku- als auch Benzin-Motorsägen sowie Astscheren ein. Sicherheit bei der Arbeitsmaßnahme bietet der John-Deere-Traktor mit Fliegl-Arbeitsbühne“, sagt der gelernte Schreiner und ergänzt: „Größere Reisigmengen werden vor Ort mit einem Jensen-Holzhäcksler zerkleinert. Werden laut Baumkontrolle Baumfällarbeiten notwendig, so erledigen wir diese mit Motorsägen von Stihl.“ Eine Seilwinde von Oehler – angebracht am John-Deere-Traktor – unterstütze diese Arbeiten. Zu guter Letzt würden die Stämme mit dem MAN-Lkw der Kläranlage abgefahren.

„Wir setzen auf langlebige Pflanzen sowie auf einjährige bzw. mehrjährige Blühmischungen“, sagt Bauhofleiter Thomas Kaiser über die Stadtbegrünung.

Zu kämpfen haben die Waibstädter dabei mit Trockenheit, Unkraut – „an Grünstreifen entlang der Kleinbäche ist Riesenbärenklau, Ambrosia, und Springkraut im Vormarsch“ – Vermüllung und Hundekot. Freie Hand haben die Experten dagegen, wenn es um ein blühendes Waibstadt geht: „Die Anlagenbetreuung übernimmt der Bauhof selber. Auch welche Anlagen neu angelegt werden, entscheiden wir. Hierzu gibt es dann nur eine kurze Rücksprache mit dem Bauamt und dem Bürgermeister“, so Kaiser. Welche Pflanzen gesetzt werden, sei dem Bauhof überlassen. „Wir bauen hierbei auf langlebige Pflanzen sowie auf einjährige bzw. mehrjährige Blühmischungen.“ Neben der Stadtbegrünung zeichnet Kaisers Team auch für den Jüdischen Friedhof – übrigens der zweitgrößte in Süddeutschland, inklusive imposantem Mausoleum des 1927 verstorbenen Unternehmers Hermann Weil –, eine Schlossruine mit Park im Ortsteil Daisbach sowie einen eigens vom Team angelegten Waldlehrpfad verantwortlich.

Ein echtes Schmuckstück haben die Bauhöfler in einer 72-Stunden-Aktion zusammen mit der Katholischen Jugend in das Wäldchen am Dr.-Weil-Weg gezaubert: abwechslungs- und lehrreich sowie voller Bewegungsangeboten. Ein Paradies für Kinder eben, das Kaiser komplett selbst entwickelte. „Das war ein Traum von mir.“ Keine Frage, dass solch kreatives Schaffen bei der Bevölkerung äußerst gut ankommt. Aber auch sonst falle die Kritik am Bauhof-Team recht moderat aus: „Sehr viele Waibstädter wissen unsere Arbeit zu schätzen, wir bekommen immer wieder Lob, auch Dankesschreiben sind dabei. Selbst in öffentlichen Gemeinderatssitzungen werden wir öfters positiv erwähnt“, freut sich der Bauhof-Chef. Auch die Gemeinderäte scheinen von ihrer Bauhof-Mannschaft überzeugt zu sein, denn bereits für dieses Jahr sind die Anschaffung einer Frontaufbau-Kehrmaschine für den John-Deere-Traktor sowie verschiedener Kleinmaschinen im Haushalt genehmigt. Wünschenswert und auch erforderlich, so Kaiser, sei die Aufstockung des Teams um einen Mitarbeiter. Auch die weitere Digitalisierung des Bauhofs will der 50-Jährige in den kommenden zwei bis drei Jahren vorantreiben. Sei‘s drum, eines ist jedenfalls klar: Im Bauhof Waibstadt ist gar nichts mehr wie im Jahr 2011.


Fakten zum Bauhof Waibstadt:

Leitung: Thomas Kaiser

Anzahl der Mitarbeiter: 9 (inklusive Bauhofleiter)

Aufgabenbereich des Bauhofs: Winterdienst, Grünpflege, Sportplatzpflege (drei Sportplätze, ein Bolzplatz, ein Schulsportplatz), Unterhaltung Straßen und Wege, Gebäudeunterhaltung, Reinigungsarbeiten, Friedhofpflege, Beerdigungen, Laub- und Gehölzpflege, Pflege, Kontrolle und Wartung der Kindergartenaußenanlagen, Spielplatzkontrolle und Wartung, Pflege des Jüdischen Friedhofs, Fahrzeugwartung, Gewässerpflege

Ausstattung des Fuhr- und Geräteparks: vier Kleintransporter, zwei davon kippbar, ein Reform Muli mit Abrollcontainer und Winterdienstausrüstung, ein Fendt-Schmalspurschlepper für Sportplatzpflege und Winterdienst, ein Egholm-Knicklenker mit Winterdienstausrüstung, Frontmäher sowie  Kehrmaschine, ein Kubota-Großflächenmäher für Sportplätze, ein John-Deere-Aufsitzmäher, ein John-Deere-Schlepper 6090 mit Frontlader für Seilwinde und Tandemhänger, ein Wacker-Neuson-Radbagger, zwei Spindelmäher für Sportplätze, ein Sinkkastenleergerät, eine Seilwinde, ein Tandemanhänger, ein Laubgebläsegerät sowie eine Wildkrautbürste

Verantwortungsbereich: circa 60 km Straßennetz, 50 km Gehwegunterhaltung, circa zwölf Hektar Grünfläche inklusive Sportplätze, sechs km Bachuferunterhaltung

Bauhof-Standort: Siemensstraße 8 bis 10, 74915 Waibstadt

Größe der zu betreuenden Fläche: circa 25,57 Quadratkilometer, davon sind rund 29,6 Prozent bewaldet

[Bilder: Michael Loskarn; Bauhof Waibstadt (1)]

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