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Baden-Württemberg: Kommunale Gebäude sollen nicht ins Internet

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Google macht’s möglich: Wer künftig auf der Straße in der Nase bohrt oder aus einem Sex-Shop herausläuft, muss damit rechnen, dass er dabei von Kameras des Suchmaschinen-Giganten erfasst und im Internet verewigt wird – vielleicht schon bald auch in Kornwestheim. Doch damit sind nicht alle einverstanden.

Im Verwaltungs- und Finanzausschuss des Gemeinderats am Donnerstagabend wurde über die rechtliche Zulässigkeit des Projekts „Google Street View“ diskutiert.

Das Angebot „Google Street View“ steht bereits für viele Städte in den USA, seit Sommer 2008 für Teile Frankreichs, Japans, Italiens, Spaniens, Neuseelands sowie Australiens und seit kurzem auch für englische Städte zur Verfügung. Dabei handelt es sich um 360-Grad-Panoramabilder, die mit auf Spezialfahrzeugen montierten Kameras geschossen werden. Auf diese Weise erhalten Internet-Nutzer detaillierte Einblicke in das Straßenleben von Städten oder Regionen.Bilder aus Deutschland sind bislang nicht über „Google Street View“ einzusehen. Seit Juli 2008 erfasst der Internet-Konzern aber auch Straßenzüge in Städten wie München, Frankfurt, Berlin oder Stuttgart. Wann „Google Street View“ den Kartendienst „Google Maps“ mit Aufnahmen aus Deutschland ergänzen wird, steht allerdings noch nicht fest.Ein Antrag des US-Unternehmens für Aufnahmen in Kornwestheim liegt bislang nicht vor – allerdings dürfte das nur eine Frage der Zeit sein. Aus diesem Grund hatte die SPD-Fraktion schon mal bei der Verwaltung nach Möglichkeiten gefragt, dem knipswütigen Konzern Fotoaufnahmen in der Salamanderstadt zu verbieten.

Aus Sicht der Verwaltung handelt es sich bei dem Google-Vorhaben um eine „Tätigkeit, die aufgrund straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ nicht untersagt werden kann. Die Kommune hatte auch Stellungnahmen des Städtetags Baden-Württemberg und des Landesdatenschutzbeauftragten eingeholt. Das Ergebnis: Man sieht keine rechtliche Handhabe gegen die Google-Pläne (Städtetag) oder fühlt sich nicht zuständig (Datenschutzbeauftragter). Allerdings habe jeder Einzelne die Möglichkeit, beim Konzern selbst den Verzicht auf die Veröffentlichung seines Eigentums zu erwirken, sagte Finanzbürgermeister Dietmar Allgaier.
Der Schutz der Privatsphäre müsse entsprechend der Zunahme an Informationsquellen gestärkt werden, verlangte Wolfgang Ohnesorg (CDU). Das geplante Google-Angebot berge Gefahren. „Wer könnte ein Interesse daran haben, sich eine Schule im Internet genau anzuschauen? Ich muss wohl nicht weiter ins Detail gehen“, sagte Ohnesorg. Der gläserne Mensch werde immer gläserner, kritisierte SPD-Ausschussmitglied Roland Bertet. Robert Müller (SPD) wies darauf hin, dass „Google Street View“ auch zum Planen von Wohnungseinbrüchen genutzt werden könne.
Wer sich Informationen für Einbrüche verschaffen wolle, bekomme diese auch ohne Google, entgegnete Dieter Wanner (FW/F.D.P.), auch wenn der Zugang einfacher werde. „Google Street View“ erfasse ohnehin nur Momentaufnahmen, betonte Claus Langbein (Grüne/BfB). „Wem soll das nützen? Die Lebensgewohnheiten erkennt man durch Momentaufnahmen nicht.“ Viel gefährlicher seien Medien, mit denen Bewegungsprofile erstellt würden, so Langbein.
Kornwestheim ist nicht der Nabel der Welt, das war allen Ausschussmitgliedern klar. „Von Kornwestheim aus werden wir den Flug aus dem All in unsere Städte nicht stoppen können“, sagte Allgaier. Die Stadt will Google aber darauf hinweisen, dass kommunale Gebäude und Liegenschaften in Kornwestheim nicht in „Google Street View“ erfasst werden sollen, machte Oberbürgermeisterin Ursula Keck deutlich. Zudem will man die Einwohner darüber informieren, dass sie der Veröffentlichung ihres Eigentums widersprechen können.

Quelle: ludwigsburger-kreiszeitung.de

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