Neben dem kommunalen Winterdienst spielt das alljährliche Schneeräumen auch auf Flughäfen eine wichtige Rolle. Immerhin will niemand, dass eine Boeing 747 mit 371 Passagieren bei der Landung auf vereistem Boden die Kontrolle verliert. Runway, Rollwege und das Flugplatzvorfeld müssen deswegen innerhalb kürzester Zeit von Schnee und Eis befreit werden. Dabei kommt es auf jede Minute an, um den Flugzeugen einen termingerechten Abflug zu ermöglichen. Um so effektiv wie möglich zu arbeiten, setzt die Flughafenverwaltung auf mehrere Spezialgeräte, die in einstudierten Formationen gleichzeitig räumen. Für die Fachkräfte ist hier vor allem Gründlichkeit und eine gute Koordination gefragt.
„Smart Fleet“: autonom räumen
Am Stuttgarter Manfred-Rommel-Flughafen sollen nun Maschinen diese herausfordernde Aufgabe übernehmen. Schon seit 2019 kooperiert der Betrieb in dem Projekt „Smart Fleet – autonome Nutzfahrzeuge für den sicheren und effizienten Flughafeneinsatz“, mit dem Hersteller Aebi Schmidt. Ziel ist die Konstruktion eines vollautomatisierten Prototypen für die Schnee-Räumung. Und der Anforderungskatalog für die Maschine ist anspruchsvoll: „Autonome Fahrzeuge müssen sich in die Flughafenprozesse integrieren und zentimetergenau arbeiten“, lässt sich ein Pressesprecher des Flughafens zitieren.
Nach drei Jahren Entwicklung ist es im September schließlich soweit, und eine Reihe der Prototypen wird auf dem Flughafengelände getestet. Dabei handelt es sich um Flughafen-Kehrblasgeräte – eine Art Kreuzung aus Lkw und Räumgerät – die mit der entsprechenden Hardware ausgerüstet sind, um die Außenflächen des Flughafens fahrerlos von Schnee und Eis zu befreien. Der große Vorteil dabei: Räumformationen und -Wege, die vorher mühsam von Menschen einstudiert werden mussten, können nun in die Maschinen einprogrammiert und beliebig oft abgefahren werden. Zwar sitzen während der Tests noch Fahrer in den Prototypen, diese steuern aber nicht selbst, sondern greifen nur im Notfall ein.
Vollautonomie versus Teilautonomie
Bei der Automatisierung setzen die Hersteller auf den sogenannten Airfieldpilot, der die Maschinen durch satellitengestützte Dienste lenkt. Hier kommt autonome Maschinentechnik zum Einsatz, oder – genauer gesagt – teilautonome. Denn während die Science-Fiction-Vision des eigenständig denkenden und handelnden Roboters mittlerweile mehr und mehr erreichbar scheint, sind die KI-Programmierer bei diesem Grad der Autonomisierung noch nicht angekommen. Entsprechende Konzepte existieren schon, allerdings können die Maschinen noch nicht auf jede Veränderung der verschiedenen Einsatzumgebungen adäquat reagieren. Einzelne Akteure der Wirtschaft betonen dennoch, bald über vollautonome Systeme zu verfügen. Prominentestes Beispiel ist der Tesla-CEO Elon Musk, der schon 2024 selbstständig fahrende Autos auf den Markt bringen will. Die Realitätsnähe dieses Plans wird von Branchen-Experten allerdings stark angezweifelt. Denn neben den mangelhaften Reaktionen der Technik auf den Straßenverkehr sind die Haftungsfragen bei Unfällen noch nicht abschließend entschieden.
Dagegen ist die Teilautonomie in der Wirtschaft keine Neuerung mehr. Diese wird schon jetzt in verkehrsarmen, wenig frequentierten Bereichen wie Häfen, Fabrikanlagen oder im Tagebau eingesetzt, denn hier gibt es weniger Störungen, die die KI überfordern würden. Besonderer Vorteil: einfache Routine-Strecken – wie z.B. das tägliche Hin und Her eines Muldendumpers in einer Mine – lassen sich automatisieren. Aber auch Kehrmaschinen oder Funkraupen können teilautonom betrieben werden. Dies spart Personal, da eine Fachkraft mehrere Maschinen beaufsichtigen kann. Ein weiterer, nicht unbeträchtlicher Vorteil ist die Einsetzbarkeit der Maschinen bei schlechter Sicht. Für die Anwendung auf Flughäfen ist dies besonders relevant, da die satellitengesteuerten Maschinen auch dann noch unvermindert schnell und präzise arbeiten können, wenn menschliche Fachkräfte aufgrund von Nebel das Fahrzeug verlangsamen müssen.