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ALTERNATIVE ANTRIEBE Wasserstoff: großes Potenzial – mangelnde Infrastruktur

Die aktuellen Klimaschutzziele sind klar: Bis zum Jahr 2050 sollen Kohlenstoffdioxid-Emissionen vollkommen reduziert werden. Neben akkubetriebenen Fahrzeugen spielt hier vor allem der Wasserstoff-Antrieb eine bedeutende Rolle. Abgesehen von den Potenzialen des H₂-Elements bringt vor allem die Herstellung einige Herausforderungen mit sich, die in den kommenden Jahren bewältigt werden müssen.

Lesedauer: min | Bildquelle: Pexels, User: Rafael Classen; Foto: barnimages: Pexels; User: Los Muertos Crew
Von: Tim Knott

Wasserstoff gehört die Zukunft. Dieser Slogan beherrscht schon länger die Debatten der Mobilitätswende. Und tatsächlich wirkt der entsprechende Antrieb auf den ersten Blick wie eine unkomplizierte Lösung für die CO2-Problematik: H2 – so die chemische Bezeichnung des Stoffes – reagiert in einer Brennstoffzelle mit Sauerstoff und setzt dabei Elektrizität frei, mit der das Fahrzeug angetrieben wird. Darüber hinaus bieten die verschiedenen Aggregatzustände des Wasserstoffes (flüssig und gasförmig) unterschiedliche Vorteile in der Anwendung. So lassen sich mit flüssigem Wasserstoff in speziell dafür entwickelten Motoren höhere Reichweiten erzielen. Jedoch ist dieser nur für andauernde Einsätze geeignet, da der Stoff dazu neigt, zu verdampfen, wenn die Maschine über einen längeren Zeitraum stillsteht. Für Fahrzeuge, die nicht ständig im Einsatz sind, eignet sich deswegen ein Brennstoffzellen-Antrieb mit gasförmigem H2.

Elektrolyse: Chancen und Energie-Problematik

Hohe Kilometer-Leistung, schnelle Betankung, keine Motorengeräusche – auch für die Nachhaltigkeitsbestrebungen von GaLaBauern und Kommunal-Betrieben bietet Wasserstoff Potenzial. Immerhin verbrennt das Element sauber und hinterlässt lediglich Wasserdampf als Abfallprodukt. Ein klimaneutraler Antrieb – zumindest in der Theorie. Denn das eigentliche Fahrzeug kann nur so klimaneutral wie der Strom sein, der beim Elektrolyseverfahren zur H2-Herstellung genutzt wird. Hierzu existiert eine Vielzahl an Bezeichnungen, die die Energiequelle zur Erzeugung des Wasserstoffs kenntlich macht: So stammt z.B. die benötigte Energie Schwarzen Wasserstoffs aus Kohle. Abgesehen davon wird zwischen Grauem (Erdgas), Grünem (Erneuerbare Energien), Blauem (Fossile Energieträger), Rotem (Kernenergie), Türkisem (Methanpyrolyse) Orangem (Bioenergie) und Braunem Wasserstoff (Braunkohle) unterschieden.

Wie die fossilen und chemischen Bezeichnungen vermuten lassen, ist fast keiner der hier aufgezählten Stoffe besonders CO2-neutral. Dies gilt lediglich für den Grünen Wasserstoff. Allerdings ist die Elektrolyse auf Basis regenerativer Energien aktuell noch nicht wirtschaftlich, was zu eher ernüchternden Verhältnissen in der Produktion führt: So wird lediglich fünf Prozent des hierzulande hergestellten H2 nachhaltig erzeugt.


Geringe Effizienz – doppelter Energie-Einsatz

Doch neben der schwierigen Herstellung verfügt Wasserstoff ebenfalls über einen geringen Wirkungsgrad. So kommt es während der Elektrolyse zu Verlusten bei der eingesetzten Energie. Und diese Verluste sind beträchtlich. Während bei der Ladung eines E-Autos immerhin noch 76 Prozent der ursprünglich eingesetzten Energie im Akku ankommen, sind es bei Wasserstoff – je nach Brennstoffzelle – lediglich ca. 30 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für ein Wasserstoffmobil im Vergleich zu einem E-Fahrzeug die doppelte Energiemenge eingesetzt werden muss, um dieselbe Anzahl an Kilometern zurückzulegen.

Gerade vor dem Hintergrund des stockenden Ausbaus regenerativer Energien scheint der Wasserstoff-Antrieb hinter den Alternativen zurückzubleiben. Jedoch sei der Blick auf die Effizienz nicht das einzige ausschlaggebende Kriterium, wie Jörg Karstedt, Abteilungsleiter Brennstoffzellen und Stapel beim Zentrum für Brennstoffzellen-Technik in Duisburg, ausführt: „Wir sind aktuell von einem Bild geprägt, dass Wirkungsgrade eine große Rolle spielen, da wir bisher fossile Energieträger genutzt haben. Beim Wasserstoff ist es aber so, dass die Grundquelle – also Wind oder Sonnenenergie – kostenlos zur Verfügung steht und ich eher schauen muss, dass ich die zur Verfügung stehende Energie gut nutze.“

Für eine gute Versorgung mit dem chemischen Element müssten deswegen auch die Erzeugnisse internationaler Hersteller genutzt werden, erklärt der Experte weiter: „Es ist jetzt schon klar, dass wir unsere Energie in Deutschland zukünftig nicht selbst erzeugen können, sondern auf Energie-Importe angewiesen sein werden.“ So solle der klimafreundliche Wasserstoff in Ländern erzeugt werden, die ein großes Wind- oder Sonnenpotenzial aufweisen und dementsprechende Kapazitäten für Windkraft- und PV-Anlagen haben. Anschließend werde das Element nach Europa transportiert. Tatsächlich hat die die deutsche Regierung zu diesem Zweck schon Partnerschaften mit Australien, Neuseeland, Kanada sowie West- und Südafrika geschlossen. Geplant sind die frühesten Lieferungen allerdings erst für das Jahr 2025.

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Flexibel einsetzbar: Wasserstoff-Rotationsmotoren

Während die Wasserstoff-Lieferungen aus Übersee auf sich warten lassen, entstehen erste lokale Lösungsansätze für das Problem, wie z.B. bei dem Unternehmen EVS Hydrogen. Dieses hat sich auf Wasserstoff-Rotationsmotoren spezialisiert, die für den Einsatz in Baumaschinen konzipiert sind und sich auch in bestehendem Gerät nachrüsten lassen.

Ebenfalls wirbt Geschäftsführer Walter Seidl für eine dezentrale Wasserstoff-Versorgung. Anstatt sich auf die Versorgung der Regierung zu verlassen, setzt Seidl auf die Möglichkeiten, Wasserstoff mit eigens erzeugtem Fotovoltaik-Strom selbst herzustellen und zum Betrieb entsprechender Baumaschinen zu nutzen. „Die Technologien existieren, sie werden bloß nicht realisiert“, berichtet er überzeugt. In Ländern wie Kanada, Afrika oder Australien, sei diese Denkweise schon etabliert, da diese nicht so zentral mit H2 versorgt würden wie Deutschland, fährt er fort.

Zwar sei der in diesen Haus-Anlagen erzeugte Wasserstoff nicht so rein, wie industriell hergestellter. Brennstoffzellen ließen sich damit z.B. nicht betreiben. Der EVS-Motor könne jedoch mit 70 bis 90-prozentigem Wasserstoff arbeiten. Fraglich, ob eine solche Versorgung von der erzeugten Menge genügt. Zum Betrieb einer Maschine reicht selbst erzeugter Wasserstoff sicher aus. Dagegen sitzt eine Firma wahrscheinlich schnell auf dem Trockenen, wenn mehrere H2-Gerätschaften im Einsatz sind und der Firmenstandort in der vergleichsweise sonnenärmeren, norddeutschen Tiefebene liegt. Dennoch komme es bei den alternativen Antrieben auf Eigeninitiative an, wie Walter Seidl ausführt: „Wir müssen auf viele Lösungen setzen. Wenn wir auf eine zentrale Lösung warten, dann dauert das viel zu lange.“

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