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AIRPORT NÜRNBERG Grünlandpflege im Sicherheitsbereich

190 Hektar Grünflächen müssen auf dem Albrecht Dürer Airport Nürnberg gemäht werden – zweimal jährlich. Der Schnitt wird nach einem Konzept angelegt, das den sicheren Flugbetrieb mit Ökologie verbindet. Dafür sind Schlagkraft und gute Organisation vonnöten. Bauhof-online.de hat einen Einsatz begleitet.

Lesedauer: min | Bildquelle: Tobias Meyer
Von: Tobias Meyer

Überwiegend besteht der Bewuchs rund um das Rollfeld bis zu den Zäunen aus wilder Heide. Dies ist in der fränkischen Region eher selten, weshalb das Flughafengelände als Rückzugsort für Flora und Fauna gilt. „Für den Flugbetrieb sind größere Vögel wie Bussard und Habicht aber gefährlich, weshalb sie sich hier möglichst nicht direkt ansiedeln sollten“, legt Heinz Huber, Leiter Infrastruktur am Albrecht Dürer Airport Nürnberg, dar. Die Vögel jagen gerne Mäuse, müssen diese dafür aber auch gut ausmachen können – etwa auf einer frisch gemähten Wiese. „Damit die Grünflächen nicht verbuschen, mähen wir sie zweimal pro Jahr, aber im Hochschnitt auf ca. 20 cm. So kann sich die Maus trotzdem noch gut verstecken, wodurch unser Gelände für Greifvögel weniger attraktiv ist.“

Ökosystem statt Landwirtschaft

Insgesamt erstreckt sich der Flughafen auf 360 Hektar Fläche, 238 Hektar sind Grünland, 190 davon liegen innerhalb des Zauns. Eine Tierbeweidung – wie früher üblich – ist jedoch im Luftsicherheitsbereich mit Risiken bzw. Gefahren verbunden. Zudem ziehen Tierexkremente Vögel an, was man ja vermeiden möchte. Viel wichtiger aber: Die Flächen gelten inzwischen als sehr wertvolle Biotope, die einer gezielten Pflege bedürfen. „Grundlage ist hier unser Biotop-Gutachten, welches jede Art von ackerbaulicher Nutzung und intensive Bewirtschaftung ausschließt, um den Erhalt der Flächen sowie das bestehende Ökosystem nicht zu gefährden“, führt Sandy Grade, am Airport Nürnberg für das Thema Umwelt zuständig, aus.

Wie das Areal gepflegt wird, bestimmt einerseits die Brutzeit und das damit verbundene Risiko für Vogelschlag. Zum anderen wird das „Vegetationsaufkommen in Bezug zum Witterungsverhältnis“ betrachtet. Zusätzlich schreiben internationale Organisationen (EASA/ICAO) vor, bestimmte Bewegungsflächen im Sicherheitsbereich freizuhalten. An Start- und Landebahnen etwa wird das metergenau angegeben.

Normalerweise wird einmal im Frühsommer und einmal im Herbst gemäht. Der erste Schnitt 2024 erfolgte mit Ende August relativ spät, zuvor musste noch eine Baumaßnahme abgeschlossen werden. Da demnächst die alle vier Jahre vorgeschriebene Hindernisbefliegung ansteht – dabei wird geprüft, ob der Flugbetrieb in irgendeiner Form behindert werden könnte – wird auch ein großer Teil der Grünflächen um die Rollbahn gemäht. Insgesamt fast 100 Hektar sind in der von Bauhof-online.de begleiteten Maßnahme vorgesehen.

Schlagkräftige Technik

Die Arbeit erledigt seit vier Jahren der regionale Lohnunternehmer Krämer aus Gräfenberg. Etwa 20 Mitarbeiter umfasst das Team, zum Portfolio gehören neben der Grünlandpflege auch klassisch landwirtschaftliche Dienstleistungen wie Mais häckseln, Getreide dreschen, Bodenbearbeitung und Aussaat sowie diverse kommunale Pflegearbeiten und Winterdienst. Auf dem Nürnberger Flughafen setzt das Unternehmen einen Krone BigM 450 und vier Abfahrgespanne ein. Damit diese im Sicherheitsbereich fahren dürfen, müssen alle Fahrer vorher angemeldet und überprüft werden. Da das viel Aufwand für einen zeitlich eher kleinen Auftrag wäre, sind lediglich Junior-Chef Sebastian Krämer – er fährt die Mähmaschine – und ein Abfahrer entsprechend geprüft.

Letzterer übernimmt die Ladewagengespanne am Tor und lädt dann den Grünschnitt im Sicherheitsbereich, die Straßenfahrten erledigen dann die regulären Fahrer. Denn um in den zu mähenden Bereich zu gelangen, reicht es nicht, lediglich die Schranke am Tor Eins zu passieren: „Für die Fläche direkt hinter den Flughafen-Terminals braucht man den sogenannten Vorfeld-Führerschein, das Grünland in Richtung Rollbahn steht dann schon unter der Aufsicht der Deutschen Flugsicherung. Wer dort hin möchte, muss sich per Funk mit dem Tower verständigen – wofür es ebenfalls einen Schein benötigt“, erklärt Infrastrukturleiter Huber. Komplett frei bewegen dürfen sich die Maschinen des Lohnunternehmens daher nie, Traktor und Mähmaschine werden durchgehend von je einem Servicefahrzeug des Flughafens begleitet. Diese übernehmen auch den Funkverkehr mit dem Tower und klären so beispielsweise, wann und wo die Fahrbahnen überquert werden sollen.

„Wir bekommen den Mähplan im Voraus und wissen daher, wie die Maßnahme ablaufen wird. Die genauen Grenzen zeigen uns dann aber die Vorfeld-Spezialisten des Flughafens in den Begleitfahrzeugen“, schildert Lohnunternehmer Krämer, der bereits seit mehr als 20 Jahren im Winterdienst für den Flughafen tätig ist. Vor vier Jahren übernahm er dann auch die Mäharbeiten. Den BigM mietet er dafür vom Lohnunternehmen Leistner, das auch eines der Abfahrgespanne stellt. „Wir sind auch in Thüringen aktiv und haben dort einen eigenen BigM im Einsatz, diesen aber für zwei bis drei Tage im Jahr nach Nürnberg zu transportieren, ist zu aufwendig. Daher arbeiten wir für die Flughafen-Mahd mit dem Kollegen zusammen“, erläutert Krämer.

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Komplexe Organisation

Der BigM erhält von einem Sechszylinder-Liebherr-Motor satte 449 PS, mit 9,90 Metern Arbeitsbreite schafft er laut Hersteller bis zu 17 Hektar stündlich. Mit Umsetzzeiten hat Krämer dennoch etwa anderthalb Tage eingeplant, um die 100 Hektar zu erledigen. Normalerweise mäht er daher möglichst zügig, was in dem zwar teilweise hüfthohen, aber eher dünnen Bestand mit 15 bis 20 km/h möglich ist. Dabei führt der BigM automatisch das Schnittgut aller drei angebauten Mähwerke über Schnecken mittig zusammen. Ein weiterer Arbeitsgang mit einem Schwader entfällt somit, wodurch das Konzept noch schlagkräftiger wird. Um die Grasnarbe auf die gewünschte Höhe frisiert zu bekommen, hat Krämer reguläre Mittelschnitt-Kufen montiert: „Da heute ja in der regulären Landwirtschaft ebenfalls nicht mehr ganz so flach gemäht wird, sind auch die vom Flughafen geforderten 20 cm kein absolut exotisches Setting mehr.“

Nach und nach holen im die Ladewagen-Gespanne alles ab. Hin und wieder muss Sebastian Krämer dennoch auf seinen Kollegen warten: „Der Bereich direkt an der Rollbahn muss nach dem Schnitt geräumt werden, da darf nichts auch nur kurz liegen. Gerade sind aber alle Abfahrer auf der Straße unterwegs. Daher müssen wir mit dem Mähen nun kurz warten, bis eines der Gespanne wieder da ist und direkt hinter mir arbeiten kann.“ Die Flotte dafür besteht unter anderem aus einem Claas Cargos 9500 am Deutz-Fahr 6185 TTV sowie einem brandneuen Fendt 728 Vario mit Krone RX 400 GD. Ein kleinerer Krone-Tandem hängt an einem 6145R von John Deere. Sie steuern eine 20 km entfernte, reguläre Entsorgungsfirma für Grünabfälle an. Verantwortlich ist dabei der Flughafen selbst, der Lohnunternehmer ist lediglich mit Schnitt und Transport beauftragt. Flughafen-Umweltchefin Grade versichert: „Unser Grünschnitt ist im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Abfall, der gemäß der Bioabfallverordnung untersucht wird. Dabei werden die gängigen Schwermetalle analysiert. Entsprechend dieser Werte findet die weitere Verwertung statt. Die Werte unseres Grünschnittes liegen unter den gesetzlichen Grenzwerten.“ Verwertet wird das Material in der Kompostierung.

Tierische Helfer auf Ausgleichsflächen

Außerhalb der Zäune hat der Airport ebenfalls Ausgleichsflächen in der Pflege. Dazu gehört auch das Gelände um den im Rahmen der Flughafen-Erweiterung aufwendig renaturierten Bucher Landgraben: „Gemäht“ werden die dortigen Wiesen im Feuchtgebiet entlang des Gewässers u.a. von circa 700 Schafen und acht Wasserbüffeln eines benachbarten Schäfereibetriebs.

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