Partner

Exoskelette: Meister gegen den Verschleiß

Entgegen den Vorstellungen der Popkultur lassen uns Exoskelette (noch) nicht höher springen oder schneller laufen. Dafür schützen sie effektiv vor den Verschleißerscheinungen körperlicher Arbeit. Welche Unterscheidungen es zwischen den praktischen „Kraftanzügen“ gibt und was diese leisten können, hat Bauhof-online.de herausgefunden.

Lesedauer: min | Bildquelle: SuitX, German Bionic
Von: Tim Knott

„Es gibt keinen Ersatz für harte Arbeit“, soll der Glühbirnen-Erfinder Thomas Edison einst gesagt haben. Allerdings hat die Menschheit seit Edisons Zeiten deutliche Fortschritte gemacht, um harte Arbeit zumindest zu erleichtern. Ein aktuelles Beispiel ist das Exoskelett.

Ganz wie in Science-Fiction-Romanen erdacht, unterstützen die technischen Innovationen den Körper mit maschineller Kraft und beugen so körperlichen Verschleiß-Erscheinungen durch harte Arbeit vor. Bei physisch anspruchsvollen Aufgaben kommen Hebehilfen zur Kraftunterstützung sowie für ergonomisches Arbeiten zum Einsatz, die entweder den ganzen Körper oder einzeln beanspruchte Körperteile entlasten. Deswegen erfreuen sich die Kraftanzüge in Industrie und Logistik einer hohen Beliebtheit, stellen jedoch auch für KMUs oder kommunale Betriebe eine interessante Option in Sachen Gesundheitsschutz dar.


Passive Exoskelette: mechanisch und leicht

Jedoch ist Exoskelett nicht gleich Exoskelett. Generell wird bei den Geräten in eine aktive und passive Antriebsart unterschieden. Passive Exoskelette unterstützen den Körper primär durch mechanische Komponenten. Die genauen Funktionsweisen variierten von System zu System, erklärt Roger Odenthal vom amerikanischen „Kraftanzug“-Hersteller SuitX. Von Federsystemen bis zu Druckluft sei eine Menge möglich, um die Trage-Last auf gesundheitlich unproblematische Körperteile zu transferieren.

Denn hierbei ist sich die Wissenschaft einig: Die größte „Sollbruchstelle“ des Körpers beim Tragen von schweren Lasten ist der untere Rücken. Bandscheibenvorfälle und ähnliche Krankheitserscheinungen können die Folge sein. Und hier kommt das Exoskelett zum Einsatz: „Die Last wird vom Rücken weggeleitet und meistens auf die Oberschenkelmuskulatur transferiert. Oberschenkelmuskulatur deshalb, weil es da große Muskelgruppen gibt, die Nerven sind gut geschützt und es gibt keine Bandscheibe, die Probleme machen könnte“, so Odenthal weiter.

Wie der Name schon vermuten lässt, sind passive Exoskelette nicht auf externe Stromquellen angewiesen. Außerdem sind sie aufgrund eines geringeren Komponenteneinsatzes als bei aktiven Varianten auch leichter und vor allem kostengünstiger. Doch welche Unterschiede bestehen noch zu ihren aktiven Gegenstücken?

Partner

Aktive Exoskelette: automatisch und kraftvoll

Eric Eitel von German Bionic hat einen Vergleich parat: „Das ist ein bisschen wie mit Fahrrädern und E-Bikes. Wie bei einem Fahrrad gebe ich in ein passives Exoskelett Energie rein und bekomme diese Energie, umgelegt auf andere Körperteile, wieder raus, um dann beispielsweise den Rücken zu entlasten.“ Aktive Exoskelette – wie die E-Bikes – unterstützen den Anwender dagegen mit zusätzlicher, externer Energie. Dadurch lässt sich ein stärkerer Unterstützungsgrad realisieren.

Um die Bewegungen des arbeitenden Menschen zu antizipieren, reicht Mechanik allein selbstverständlich nicht aus. Hierfür hat das Augsburger Unternehmen in seine Maschinen eine intelligente Sensorik eingebaut, die auf Bewegungen reagiert: „Der Roboter merkt, ich neige mich nach vorne. Und an dem Punkt, an dem ich zu heben ansetze, kriege ich über die Motoren, die an der Seite des Exoskeletts angebracht sind, und die über eine Bein-Anbindung einen Hebel erzeugen können, extra Energie.“ Natürlich bedeutet das nicht, dass die eigene Muskelkraft obsolet wird. Arme und Rücken müssen beim Tragen schwerer Lasten nach wie vor Kraft aufwenden, allerdings geht die Beanspruchung nicht mehr in den Bereich hinein, wo Schäden für Knochen oder Muskeln entstehen.

Dies ist allerdings nur eine Dimension, bei der Exoskelette unterstützend wirken könnten, so Eitel weiter. Denn sie schützten nämlich auch vor Ermüdung: „Wenn ich viel Energie aufwenden muss, mache ich Fehler. Und Fehler führen zu Unfällen. Das ist die kurzfristige Gefahr beim Arbeiten.“

Akzeptanz: Elefanten und Gamification

Alles in allem scheint das Konzept Exoskelett eine gelungene Ergänzung für den Arbeitsmarkt zu sein. Ob für ein Unternehmen nun ein passives oder aktives Skelett in Betracht kommt, muss je nach Bedarf entschieden werden, da nicht nur der Unterstützungsgrad ein wichtiger Faktor ist, sondern auch die Einschränkung bei der Arbeit durch Gewicht und Breite des „Kraftanzugs“ sowie des Tragekomforts.

Trotz aller Vorteile berichten die Experten aber, dass es hier und da an der Akzeptanz hapert. Insbesondere junge Menschen könnten den negativen Langzeiteffekt der körperlichen Arbeit nicht richtig einschätzen, berichtet Eitel: „Wenn du da einem 20-Jährigen, hochtrainierten Mann sagst: ‚Du brauchst ein Exoskelett‘, dann sagt der natürlich: ‚Spinnst du?‘. Ich glaube, es ist für junge Menschen schwer zu akzeptieren, dass solche Tätigkeiten auf Dauer zu Schäden führen.“ Allein durch den Vorschlag fühlten sich einige in ihrer Ehre gekränkt.

Eine Lösung der Augsburger heißt Gamification: Um aufzuzeigen, wie viel Gewicht während eines Arbeitstages auf den Körper einwirkt, weisen die Exoskelette nun die entsprechende Gewichtsersparnis aus – und das in Elefanten. Und wahrscheinlich wird jeder sein Verhältnis zu harter Arbeit überdenken, der erfährt, dass ihm drei Elefanten Traglast erspart wurden. Denn, wie Edison schon sagte, gibt es keinen Ersatz für harte Arbeit, aber mittlerweile immerhin Erleichterungen.

[30]
Socials

AKTUELL & SCHNELL INFORMIERT